Russland:Der Unschuldsengel

Putin rügt die Politik im Land. Doch wer herrscht dort eigentlich?

Von Silke Bigalke

Lang war die Liste der Beschwerden. Wladimir Putin hat seine Rede zur Lage der Nation genutzt, Probleme im Land anzusprechen: Die sinkende Geburtenrate, die finanzielle Knappheit in vielen Familien, die Armut von Rentnern, die Müllberge, die langen Wartezeiten beim Facharzt, das langsame Internet in den Schulen. Das alles solle besser werden, versprach der Präsident, und zwar schnell. Als habe das Land auf einen Problemlöser wie ihn gewartet. Man konnte sich fragen, wer eigentlich in Russland an der Macht war, die vergangenen 18 Jahre.

Was da auf Putins Liste stand, sind Dinge, die schon länger für Unmut sorgen und seine Umfragewerte drücken. Insofern war seine Strategie geschickt: Er inszenierte sich als Landesvater, der sich um die Sorgen der Menschen kümmert. Die Verantwortung dafür schiebt er den Politikern in den Regionen und den Ministerien zu, ohne das direkt auszusprechen. Putin sagte Sätze wie: "Ich möchte die Regierung bitten ... " oder "die Aufmerksamkeit der Duma auf diese Sache lenken". Ausflüchte lasse er nicht gelten.

Putin kann also viel versprechen. Etwa drei Prozent Wachstum bis 2021. Oder ein Label für organische Produkte aus Russland, die "extrem beliebt im Ausland" sein werden. Ob sich aber etwas bessert, bleibt offen. Das gilt auch für Putins Umfragewerte.

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