Russland:Dem Kreml ist die Mehrheit nicht genug

Alexej Nawalny wäre der Einzige, der gegen den russischen Präsidenten einen Achtungserfolg erringen könnte. Dazu lässt es der Kreml nicht kommen - denn das würde Putin nicht gut aussehen lassen.

Kommentar von Julian Hans, Moskau

Das Rennen um die russische Präsidentschaftswahl 2018 hat noch nicht begonnen, da hat die Justiz den ersten Bewerber schon disqualifiziert. Eine Bewährungsstrafe genügt, damit Alexej Nawalny 2018 nicht antreten darf. Als charismatischster Kreml-Gegner wäre er der Einzige, der gegen Wladimir Putin einen Achtungserfolg erringen könnte. Aber dazu darf es nicht kommen.

Wer meint, die Opposition sei so unbedeutend, dass der Kreml solche Repressionen nicht nötig habe, der irrt. In einer Demokratie sind mehr als 50 Prozent der Stimmen eine stabile Mehrheit. Wenn aber Autokraten weniger als 70 Prozent Unterstützung haben, steht ihre Legitimität infrage. Wahlergebnisse sind für sie auch Machtdemonstrationen gegenüber dem Volk.

Sie wissen, wie schnell Stimmungen kippen; so wie im Winter 2011, als Zehntausende gegen Wahlfälschungen protestierten. Bei den Moskauer Bürgermeisterwahlen 2013 hatte Nawalny 27 Prozent erreicht, obwohl er vom Staatsfernsehen totgeschwiegen wurde. Das ließ den Kreml nicht gut aussehen.

Gegner müssen immer mehr Angst haben als die Vertreter des Regimes

Eine weitere Ressource ist Angst. Die Gegner müssen immer etwas mehr Angst haben als die Vertreter des Regimes. Dazu passt der erneute Giftanschlag auf Wladimir Kara-Murza. Der Koordinator der Bewegung Open Russia hatte 2015 eine Vergiftung überlebt und seine Arbeit danach fortgesetzt. Auf irgendjemanden wirkte so viel Mut offenbar bedrohlich.

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