Russland:"Angriff auf die Medienfreiheit"

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Hat nach eigenen Angaben fast ein Drittel ihres Lebens in Russland verbracht: BBC-Korrespondentin Sarah Rainsford. (Foto: AP)

Ihr Rauswurf markiert einen Einschnitt: Die BBC-Journalistin Sarah Rainsford muss Russland verlassen. Das Außenministerium in Moskau spricht von einer "Gegenmaßnahme".

Von Silke Bigalke, Moskau

Eine Korrespondentin der britischen BBC muss Moskau verlassen - und das russische Außenministerium tritt nach: Dessen Sprecherin warf dem britischen Sender am Samstag nun die "Verbreitung von Desinformation" und von "russophoben Klischees" vor, nachdem die BBC die Ausweisung von Sarah Rainsford kritisiert hatte. Das Visum der Korrespondentin läuft Ende des Monats aus und wird nicht verlängert. Während der Kreml seit Monaten immer mehr unabhängige russische Journalisten mit Repressalien belegt, sind ausländische Korrespondenten bisher weitgehend verschont geblieben.

Man kann den Rauswurf von Sarah Rainsford daher als Einschnitt betrachten. BBC-Direktor Tim Davie sprach von einem "direkten Angriff auf die Medienfreiheit" und löste damit wohl die etwas längliche Reaktion der russischen Ministeriumssprecherin aus: Es handele sich "ausschließlich um eine Gegenmaßnahme", schrieb Maria Sacharowa auf Facebook - um Vergeltung also für einen zwei Jahre alten Fall, den die Sprecherin zitierte.

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Damals habe ein Journalist einer russischen Nachrichtenagentur Großbritannien verlassen müssen. Namen nannte sie nicht. Lange habe man die Briten vor einer entsprechenden Antwort aus Moskau gewarnt. Das Ganze habe "mit Verletzung der Meinungsfreiheit nichts zu tun".

Sarah Rainsford selbst äußerte sich am Samstag in einem Radioprogramm der BBC. Sie habe beinahe ein Drittel ihres Lebens in Russland verbracht, die Sprache gelernt, versucht, das Land zu verstehen und dessen Geschichte zu erzählen - auch wenn dies zunehmend schwieriger geworden sei. "Ich werde ausgewiesen und man hat mir gesagt, dass ich nicht zurückkommen kann - jemals", sagte sie. Das sei für sie persönlich verheerend, aber auch schockierend.

Schwierige Arbeitsbedingungen

Sie sprach von den großen Problemen für unabhängige Journalisten in Russland, "aber bisher waren wir, die ausländische Presse, davon irgendwie abgeschirmt". Was nun passiere, sei ein klares Zeichen dafür, dass sich die Dinge geändert hätten.

Sie ist laut Bloomberg die erste britische Journalistin seit zehn Jahren, der so etwas passiert. 2011 wurde Guardian-Korrespondent Luke Harding nach einem Besuch in Großbritannien die Rückreise nach Moskau verweigert. Der Guardian erklärte das damals mit Hardings kritischer Berichterstattung.

Sarah Rainsford ist für die BBC zum zweiten Mal in Russland. Vergangene Woche besuchte sie noch die mehr als achtstündige Pressekonferenz von Alexander Lukaschenko in Minsk. Sie fragte den belarussischen Machthaber vor laufenden Kameras nach seiner Legitimität als Staatschef und nach der Gewalt seines Apparats gegen Protestierende. Lukaschenko antwortete mit konfusen Anschuldigungen, die BBC sei ein "Satellit" der USA, tanze "nach amerikanischer Pfeife". Dann unterstellte er den USA, Großbritannien und irgendwie auch Rainsford persönlich, die Proteste angeführt zu haben. "Großbritannien?", fragte der Diktator - könne an seinen Sanktionen ersticken.

In Moskau erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, es sei nicht wahr, dass Rainsford nie wieder nach Russland zurückkehren könne. Wenn ein russischer Korrespondent ein britisches Visum erhalte, bekäme auch sie eines. Wem genau dieses Visum in Großbritannien verwehrt worden war, blieb ihr Geheimnis.

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