Russland-Affäre:Gericht stellt Trump-Berater Manafort unter Hausarrest

Er soll Millioneneinnahmen aus seiner Tätigkeit beim früheren prorussischen Staatschef der Ukraine, Viktor Janukowitsch, vor den US-Behörden verborgen haben. Er plädiert auf unschuldig.

Von Matthias Kolb

Die Spannung hatte sich über das Wochenende immer weiter gesteigert, seit CNN am Freitagabend darüber berichtet hatte, dass Sonderermittler Bob Mueller in der Russland-Affäre bald Anklage erheben werde. Offen blieb, gegen wen und warum. Bei Twitter, dem Leitmedium des politischen Washingtons, wurde schon viel über #MuellerMonday spekuliert, als am Montagmorgen die New York Times meldete: Trumps früherer Wahlkampfmanager Paul Manafort wird aufgefordert, sich den Behörden zu stellen.

Dass die NYT recht hatte, wurde um kurz vor acht Uhr morgens Ortszeit klar: Da verbreitete der Fotograf eines lokalen TV-Senders Fotos, die Manafort dabei zeigen, wie er mit seinem Anwalt in einen schwarzen Geländewagen steigt. Die Tatsache, dass jemand mit einer Kamera vor Manaforts Haus postiert war, macht deutlich: Der wahrscheinlichste Fall ist eingetreten, denn dem umtriebigen Lobbyisten mit seinen vielen Auslandskontakten wurde seit Längerem Geldwäsche vorgeworfen. Ende Juli hatte das FBI sein Haus durchsucht. Am Abend stellte ein Gericht Manafort unter Hausarrest und legt eine Kaution von zehn Millionen Dollar fest.

Die Liste der Vergehen, wegen derer Manafort und sein ehemaliger Geschäftspartner Rick Gates (er hat sich ebenfalls dem FBI gestellt und steht nun wie Manafort unter Hausarrest) angeklagt sind, ist nun deutlich länger und umfasst mehr als Geldwäsche (75 Millionen Dollar sollen über ausländische Konten geflossen sein): Es geht um Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Auf der insgesamt zwölf Punkte umfassenden Anklage stehen zudem Falschaussagen sowie das Verbergen von ausländischen Bankkonten; es geht um den Zeitraum zwischen 2006 und 2017.

All das wollen Manafort und Gates allerdings nicht getan haben. Bei einem ersten Gerichtstermin am Montagnachmittag (Ortszeit) plädierten die beiden auf "nicht schuldig". Das berichteten unter anderem die New York Times und der TV-Sender CNN.

Dennoch zeigt die erste Anklage des im Mai eingesetzten Sonderermittlers Bob Mueller, allen - auch im Weißen Haus -, dass es der ehemalige FBI-Chef ernst damit meint, einen möglichen Einfluss Russlands in die US-Wahl 2016 zu untersuchen. Und sie macht es für US-Präsident Donald Trump immer schwerer, die von den US-Geheimdiensten als erwiesen angesehene Einmischungskampagne Moskaus als "Fake News" abzutun.

Manafort führte Trumps Wahlkampf für ein paar Monate

Der 68 Jahre alte Manafort hatte im Juni 2016 die Leitung des Präsidentschaftswahlkampfs von Trump übernommen, aber er wurde schon Mitte August gefeuert und durch den Chef von Breitbart News, Steve Bannon, ersetzt. Seit Monaten spielen Trump und seine Vertrauten die Rolle von Manafort herunter - dies ist sehr opportun, aber scheint doch zutreffend. Zum engsten Kreis gehörte er nicht - anders als etwa Trumps Schwiegersohn Jared Kushner -, doch das dürfte Spekulationen über angebliche Deals (Strafminderung gegen pikante Details) nicht verhindern. Manaforts früherer Partner Gates arbeitete ebenfalls für Trump, etwa bei der Planung seiner Amtseinführung.

In Washington ist Manafort bestens bekannt: Schon 1976 arbeitete er für den Republikaner Gerald Ford und organisierte für den damaligen Präsidenten die nötige Mehrheit, um beim Parteitag zum Kandidaten gekürt zu werden. Diese Strippenzieher-Fähigkeiten machten Manafort für Trumps Team attraktiv - und der Republikaner-Parteitag in Cleveland ging im Juli 2016 erfolgreich und ohne parteiinterne Widerstände über die Bühne.

Anschließend war Manafort in den Augen von Trump nicht aggressiv und populistisch genug. Das verwundert kaum, denn der Anwalt mit italienischen Vorfahren ist Teil jener Elite (oder des "Sumpfes"), die Trump angeblich so verachtet. Nachdem er 1980 in den Südstaaten sehr erfolgreich Wahlkampf für Reagan gemacht hatte, gründete er nach dessen Wahlsieg eine Lobbyfirma namens Black, Manafort, Stone & Kelly (BMSK). Er war einer der Ersten, der seine guten Kontakte zu Spitzenpolitikern zu Geld machte - anstatt sich ein Regierungsamt zu verdienen, verdiente er Millionen.

Im Laufe der Zeit spezialisierte sich Manafort darauf, seine Erfahrungen als Wahlkampfmanager im Ausland einzusetzen beziehungsweise internationale Kunden zu beraten. So war er für den ehemaligen philippinischen Diktator Ferdinand Marcos tätig oder versuchte, den Ruf verschiedener afrikanischer Regierungen in Washington zu verbessern. Zu seinen Kunden gehörte der ukrainische Ex-Präsident Viktor Janukowitsch und dessen "Partei der Regionen", für die er seit 2004 tätig war. Janukowitsch war stets ein Freund Moskaus und lebt heute in Russland im Exil.

Manaforts Tochter spricht ihrem Vater "moralischen Kompass" ab

Dokumente belegen, dass Manafort allein für seine Arbeit in Kiew mehr als 15 Millionen Euro erhalten hat. Skrupel hatte er deswegen offenbar nicht: Aus dem Jahr 2015 sind SMS einer seiner Töchter bekannt geworden, in denen sie ihrem Vater "jeglichen moralischen Kompass" abspricht. Andrea Manafort gibt ihrem Vater einem Bericht von Politico zufolge auch eine Mitschuld an den Todesopfern der Maidan-Proteste in der Ukraine und schreibt an ihre Schwester: "Mach dir nichts vor: An unserem Geld klebt Blut."

Besonderes Interesse dürften die Ermittler an einem Treffen haben, das am 9. Juni 2016 im Trump Tower stattfand. Damals trafen sich Trumps Sohn Donald, Schwiegersohn Jared Kushner und Manafort (damals noch ein "normaler" Berater und nicht offiziell Wahlkampfchef) mit der russischen Anwältin Natalja Weselnizkaja - nach Aussage von Trump junior sollte es um belastendes Material gegen Hillary Clinton gehen. Die Behörden oder das FBI wurden nicht informiert.

Bob Mueller und sein Team werden auch folgenden Vorgang genau prüfen: Im Juli 2016, als Manafort bereits Wahlkampfchef war, bot er einem Klienten per E-Mail an, ihn "ganz privat" über den laufenden Wahlkampf zu informieren. Der Kunde war der russische Oligarch Oleg Deripaska, der ein guter Bekannter von Russlands Präsident Wladimir Putin ist. Dieses Briefing habe zwar nie stattgefunden, doch es schien eigentlich schon undenkbar, dass der Kampagnenchef eines offiziellen US-Präsidentschaftskandidaten einem Ausländer so etwas anbietet.

Aber moralische Überzeugungen waren für Manafort noch nie wichtig.

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