Russischer Präsident:Zwei Männer, die die EU spalten könnten

Russischer Präsident: Sie statten sich regelmäßig gegenseitige Besuche ab. Im Januar 2014 etwa war der ungarische Premier Viktor Orbán (links) zu Gast beim russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau.

Sie statten sich regelmäßig gegenseitige Besuche ab. Im Januar 2014 etwa war der ungarische Premier Viktor Orbán (links) zu Gast beim russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau.

(Foto: AFP)
  • Wenn sich Putin und Orbán an diesem Donnerstag in Budapest treffen, geht es vorrangig um gemeinsame wirtschaftliche Projekte.
  • Vor dem Hintergrund der EU-Sanktionen gegenüber Russland stehen aber auch die engen Beziehungen des EU-Mitglieds Ungarn zu Moskau im Fokus.
  • Laut Medienberichten besteht zudem eine fragwürdige Nähe zwischen rechtsextremen ungarischen Gruppen und dem Kreml.

Von Cathrin Kahlweit

Der "Engel des Friedens" ist aus Bronze, er trägt in der einen Hand einen Lorbeerzweig, in der anderen einen Kranz, und wacht über die Gräber toter russischer Soldaten aus zwei Weltkriegen. Ein russischer Künstler hat die riesige Statue entworfen, errichtet wurde sie allerdings vor wenigen Tagen im ungarischen Esztergom - als Sinnbild für die neuen, engen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, wie der russische Botschafter in Ungarn, Wladimir Sergejew, bei der Einweihung des Kriegerdenkmals anmerkte. Zeitpunkt und Würdigung kommen nicht von ungefähr, denn am Donnerstag wird Wladimir Putin in Budapest erwartet. Wieder einmal.

Ansonsten ist der russische Präsident derzeit in der EU kein sonderlich gern gesehener Gast: zu belastend Moskaus Rolle im ostukrainischen Krieg, zu umstritten die Auswirkungen der Sanktionen, zu bedrohlich der Informationskrieg des Kremls gegen den Westen. Zu dubios auch Moskaus Intervention im amerikanischen Wahlkampf und die neue Nähe zu Donald Trump.

In Ungarn aber gilt Putin als Freund. 2015 war der Russe in Budapest auf Staatsvisite gewesen, 2016 war Viktor Orbán in Moskau, nun steht schon der nächste Besuch Putins im kleinen Ungarn an. Eine Provokation, eine Demonstration?

Es soll, offiziellen Verlautbarungen zufolge, vor allem um ökonomische Fragen gehen. Das russische Handelsministerium, berichtet der Budapester Thinktank "Zentrum für Euroatlantische Integration und Demokratie", habe in einem Vorab-Kommuniqué mitgeteilt, man werde über Transporttechnik, Flugzeuge, Maschinen, pharmazeutische Produkte und über die Ausweitung der militär-technologischen Zusammenarbeit sprechen - mit einem Nato-Mitglied, wohlgemerkt, und im Lichte fortgeltender Sanktionen.

Wo es um Wirtschaftszusammenarbeit geht, geht es immer auch um Politik

Auch der Verkehr ist ein Thema; ein russischer Konzern hatte, nach einer äußerst umstrittenen Ausschreibung, den Großauftrag für neue Waggons für die Budapester U-Bahn erhalten. Seither halten sich Korruptionsvorwürfe.

Vor allem aber soll es um die Unterzeichnung von Verträgen für das Atomkraftwerk Paks gehen, dessen Ausbau mit russischer Hilfe, russischer Technologie und russischem Geld seit Jahren geplant ist, aber bisher nicht konkretisiert wurde. Kurz vor dem Jahreswechsel hatte das ungarische Parlament eine höchst umstrittene Verordnung abgenickt, nach der die ungarische Regierung künftig ihre nationale Atomaufsicht übergehen kann - etwa bei der Genehmigung zweier neuer Reaktorblöcke in Paks.

Aber wo es um Wirtschaftszusammenarbeit geht, geht es immer auch um Politik. So lassen Bemerkungen des ungarischen Außenministers Péter Szíjjartó aufhorchen, der zur Vorbereitung des Besuchs unlängst in Moskau gewesen war. Wann immer Ungarn bisher versucht habe, seine bilateralen Beziehungen zu Russland zu verbessern, habe es Gegendruck aus den USA und aus der EU gegeben. Nun aber gebe es keine Kritik mehr aus Washington, so Szíjjartó dankbar, weshalb sich der Minister in einem Interview mit dem Kommersant auch gleich offen gegen eine Kernposition des Westens stellte: Die Russland-Sanktionen seien "sinnlos und schädlich", und gehörten aufgehoben.

Ungarn wolle, so der Minister, beispielgebend sein bei der Verbesserung der Beziehungen zum Kreml, und übrigens schaue er besonders gern Russia Today. Das ist, wohlgemerkt, der Propagandasender des Kremls. Szíjjartó lobte in diesem Zusammenhang auch den neuen US-Präsidenten Donald Trump, der die richtige Haltung zu Einwanderungsfragen habe und darauf verzichte, "Demokratie zu exportieren".

Der Kreml unterstützt die "Ungarische Nationale Front"

Auch Premier Viktor Orbán verwies im Vorfeld des Besuchs des russischen Präsidenten demonstrativ darauf, die Zeit des Multilateralismus gehe zu Ende. Auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel stellte Orbán fest, Europa habe eines seiner wichtigsten Ziele, einen "euroasiatischen Wirtschaftsraum" nie erreicht und gehe in die falsche Richtung. Es sei daher das Recht jeder Nation, auch innerhalb der EU, sich bilaterale Verbündete zu suchen.

Pikant ist in diesem Zusammenhang indes, dass der Kreml nicht nur freundliche Beziehungen zur Regierung in Budapest sucht, sondern zugleich auch rechtsextreme Gruppierungen in Ungarn unterstützt. Im Herbst war bekannt geworden, dass die militante Neonazi-Organisation "Ungarische Nationale Front" (MNA) offenbar von russischen Agenten unterwandert war.

Laut Medienberichten sollen russische "Diplomaten" an Luftgewehr-Übungseinheiten der Gruppe teilgenommen haben; der für Sicherheitsfragen zuständige Parlamentsausschuss in Budapest beschäftigte sich mit dem Vorfall. Das Onlineportal Index.hu schrieb ausführlich über die Russland-Verbindungen der extremen Rechten, von denen auch der ungarische Geheimdienst sowie wie der ungarische Militärgeheimdienst gewusst habe.

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