Russisch-orthodoxe Kirche:Kontaktverbot wegen Käßmann

Eine geschiedene Frau als Kirchenführerin - das empört die russisch-orthodoxe Kirche. Wegen der Personalie Käßmann will sie den Dialog mit der Evangelischen Kirche beenden.

Nach der Wahl von Margot Käßmann zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) will die russisch-orthodoxe Kirche den Kontakt mit den Lutheranern beenden. Der Dialog, so wie es ihn seit 50 Jahren gegeben hat, sei nach der Wahl einer geschiedenen Frau zur Kirchenführerin nicht mehr möglich, sagte der orthodoxe Geistliche Georgi Sawerschinski vom kirchlichen Außenamt in Moskau.

Margot Käßmann, dpa

Die neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, zeigte sich vom Angriff der Orthodoxen Kirche gegen ihre Person überrascht.

(Foto: Foto: dpa)

Die Kirche erlaube keine Priesterweihe oder sogar Führungsrollen von Frauen. "Diese Frage ist sehr ernst", sagte Sawerschinski. In letzter Instanz müsse dies aber Patriarch Kirill I. als Oberhaupt der weltweit größten orthodoxen Nationalkirche entscheiden.

Ende der Gespräche

Die für Ende November angesetzten Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum des Dialogs zwischen orthodoxer Kirche und EKD seien auch das Ende der Gespräche, kündigte der Leiter des kirchlichen Außenamtes, Ilarion Alfejew, Erzbischof von Wolokolamsk, laut der Zeitung Kommersant an.

Die Aufkündigung der Zusammenarbeit zwischen beiden Kirchen war auf den Seiten mehrerer russischer Zeitungen am Donnerstag das Topthema. "Der Patriarch darf nicht mit der neuen Führerin der Lutheraner in Deutschland verkehren", schrieb die Zeitung Wremja Nowostej.

Einige konservative evangelische Christen in Russland unterstützen die Entscheidung. Der Chefsekretär der Evangelisch-Lutherischen Kirche des Ingermanlandes - einer Region im Nordwesten Russlands um St. Petersburg -, Priester Alexander Priluzki, nannte die Wahl Käßmanns ein "Krisenzeichen in der westlichen Gesellschaft".

Gegenseitiger Respekt als wichtigste Grundlage

Käßmann zeigte sich am Donnerstagabend über die Reaktion der orthodoxen Kirche überrascht. "Ökumene heißt, auch unterschiedliche Kirchen- und Amtsverständnisse zu akzeptieren", sagte sie auf einem Medienempfang der bayerischen Landeskirche in Nürnberg. Sie akzeptiere, dass manche Kirchen keine Frau an ihrer Spitze zuließen. Umgekehrt erwarte sie aber auch, dass akzeptiert werde, dass dies bei anderen Kirchen möglich sei. "Der gegenseitige Respekt ist die wichtigste Grundlage für die Ökumene."

Russische Menschenrechtler nannten die Abkehr der Orthodoxen von der evangelischen Kirche ein Zeichen für deren zunehmende ideologische Radikalisierung. Die russisch-orthodoxe Kirche wolle sich von der modernen Welt des Westens isolieren, sagte der Menschenrechtler Lew Ponomarjow.

Dagegen werden die Beziehungen zur katholischen Kirche nach Angaben des Moskauer Patriarchats zunehmend besser. Ilarion sagte, ein historisches Treffen von Kirill und Papst Benedikt XVI. sei durchaus möglich.

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