Russisch-kubanische Beziehungen:Fast wie im Kalten Krieg

Russisch-kubanische Beziehungen: Mutet amerikanisch an: Das Kapitol in der kubanischen Hauptstadt Havanna.

Mutet amerikanisch an: Das Kapitol in der kubanischen Hauptstadt Havanna.

(Foto: AP)
  • Russland intensiviert seine Beziehungen zu Kuba.
  • Die Karibik-Insel ist für den Kreml geopolitisch interessant.
  • In den USA und auf Kuba selbst sieht man den wieder erstarkenden Einfluss Russlands teilweise mit großer Sorge.

Von Miguel Helm

An nur wenigen Orten Kubas ist der Glanz vergangener Tage so gut spürbar wie am Kapitol im Herzen Havannas. Der Prachtbau aus Marmor wirkt zwar wie eine Kopie des Kapitols in Washington, aber - und darauf sind viele Kubaner sehr stolz - er überragt das amerikanische Vorbild um einige Meter. Ringsum das Wahrzeichen der Stadt dominiert hingegen der Verfall. Die ehemals bunten Fassaden sind verblasst, der Putz bröckelt und aus den Wänden ragen rostige Metallstreben. Weite Teile Havannas sind baufällig. Seit Jahren auch die Kuppel des Kapitols, sie ist marode und muss dringend saniert werden.

Die russische Regierung will die alte Kuppel nun restaurieren. Ein staatliches Bauunternehmen hat Pläne entworfen, damit der Prachtbau bald wieder in der karibischen Sonne erstrahlt. Das Engagement des Kreml am Kapitol steht für ein Phänomen: Moskau unterstützt seinen alten Verbündeten aus Sowjetzeiten in letzter Zeit immer häufiger. Erst vergangene Woche bat Kuba Russland um Unterstützung bei der Modernisierung der Rüstungsindustrie. Kubanischen Medienberichten zufolge erklärte sich das russische Staatsunternehmen Rosoboronexport dazu bereit.

"Es kann in letzter Zeit eine Intensivierung der Beziehungen zwischen Russland und Kuba festgestellt werden", sagt Alexandra Sitenko, die zu den russisch-kubanischen Beziehungen an der Universität Leipzig forscht. In Washington und in Havanna sehen das viele mit Sorge. Die international bekannte kubanische Journalistin Yoani Sanchez betrachtet Russlands verstärktes Engagement auf Kuba als Gefahr. In einem Gastbeitrag in der spanischen Tageszeitung El País schreibt sie: "Der Kalte Krieg wird in Lateinamerika wiedergeboren". Während US-Präsident Donald Trump sich für Kuba und die ganze Region nicht besonders interessiere, gewinne Russland dort immer stärker an Bedeutung.

Auch in den Vereinigten Staaten machen sich einige ernsthafte Sorgen, wenn sie auf die Geschehnisse auf der benachbarten Insel blicken. US-Senator Patrick Leahy befürchtet durch die neue Partnerschaft zwischen Kuba und Russland "schwerweigende Folgen für die nationale Sicherheit der USA".

Davor warnt auch das "American Security Project", eine Nichtregierungsorganisation, die vom ehemaligen amerikanischen Außenminister John Kerry und dem ehemaligen Verteidigungsminister Chuck Hagel gegründet wurde. In einem Brief an die amerikanische Regierung appellierte sie im April, dass Trump die Annäherungspolitik mit der Castro-Insel nicht stoppen dürfe. Andernfalls könne ein "wirtschaftliches und geopolitisches Vakuum" in unmittelbarer Nähe zu den USA entstehen, das Russland ausfüllen könnte.

Trotz der Bedenken beendete US-Präsident Donald Trump im Juni die Annäherung mit Kuba. Für die Regierung in Moskau könnte die Karibik-Insel dadurch attraktiver werden. "Immer da, wo Amerika schwach ist, gehen die Russen rein", sagt Stefan Meister, Russland-Experte von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Während des Kalten Kriegs waren Kuba und Russland enge Verbündete. Die Sowjetunion unterstütze bis zu ihrem Zusammenbruch ihren kommunistischen Partner massiv mit Öl-Lieferungen und finanziellen Zuwendungen. In den 1990er Jahren ließ der Kreml den Kontakt nach Kuba abbrechen. "Russland hat mittlerweile eingesehen, dass dies ein Fehler war", sagt Alexandra Sitenko von der Universität Leipzig.

Putin macht Russland wieder groß - größer als es ist

In den vergangenen beiden Jahren vereinbarten die beiden Regierungen mehrere Dutzend Kooperationsprojekte. Demnach sollen unter anderem russische Unternehmen insgesamt vier Milliarden Dollar auf Kuba investieren. Bereits jetzt modernisieren russische Firmen die Eisenbahn-Infrastruktur des Landes und stellen viel Geld für verschiedene Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Verfügung. 2014 erließ Putin dem Land sogar 90 Prozent Schulden aus der Sowjetzeit. Und seit Mai verfrachten die Russen zum ersten Mal seit dem Zerfall der Sowjetunion wieder große Mengen Öl nach Kuba - nachdem Venezuela seine Lieferung um 40 Prozent reduzierte.

Ob das wirtschaftlich schwache Kuba sich das alles leisten kann oder ob Moskau wie zu Zeiten der Sowjetunion die Insel stark subventioniert, ist unklar. Vieles deutet daraufhin, dass der Kreml dem Castro-Regime mit sehr günstigen Krediten entgegenkommt.

"Im Gegenzug verkauft Kuba Einfluss an Russland", sagt Mervyn Bain, Experte für die russisch-kubanischen Beziehungen an der schottischen Universität Aberdeen. Für den russischen Präsidenten ist das ein lukratives Geschäft. Denn für ihn ist die Insel wegen ihrer Nähe zu den USA geopolitisch besonders interessant: "Dreh- und Angelpunkt der russischen Außenpolitik sind immer die Vereinigten Staaten", sagt Stefan Meister von der DGAP. Es gehe dem Kreml-Chef darum, als globale Macht von den Amerikanern anerkannt zu werden. "Kuba könnte da ein Instrument sein, mit dem die Russen sagen können: Wir sind hier wieder präsent ­- ihr Amerikaner müsst mit uns reden", so Meister.

Bert Hoffmann, Kuba-Experte beim German Institute of Global and Area Studies (Giga) in Hamburg, sieht allerdings keine Bedrohung für die Vereinigten Staaten durch die Präsenz Russlands auf Kuba. Seiner Einschätzung nach gehe es dem russischen Staatschef Wladimir Putin auf Kuba vor allem darum, "dicke Backen zu machen".

In diesem Licht muss man wohl auch die mehrfachen Ankündigungen aus Russland sehen, eine alte Militärbasis in der Nähe von Havanna wieder zu eröffnen. Bis heute ist die Militärbasis, die im Kalten Krieg als Horchposten diente, geschlossen. "Die Ankündigung war größer als die Umsetzung", sagt Hoffmann.

"Diese Spielchen" entsprächen Putins Verständnis von Außenpolitik, sagt Stefan Meister von der DGAP. Sie erfüllten für den russischen Staatschef stets eine innenpolitischen Funktion, Den russischen Bürgern soll vermittelt werden: Putin macht Russland wieder groß.

Größer als es tatsächlich ist. Denn globale Herrschaftsansprüche wie zu Sowjetzeiten sind für Russland in Anbetracht seiner wirtschaftlichen Lage zu groß. Im Gegensatz zur früheren Sowjetunion kann sich Russland ein strategisches Engagement auf Kuba wahrscheinlich gar nicht leisten. Die Moskauer Außenpolitik unterliege auch immer einer "Ressourcen-Frage", sagt Meister. Die finanziellen Mittel seien stark begrenzt. Erst dieses Jahr mussten die Militärausgaben gekürzt werden.

Aber was die Kuppel des Kapitols in Havanna angeht, ist Geld offensichtlich kein großes Thema. Die Russen wollen die Wölbung des Prachtbaus mit Blattgold wieder zum Strahlen bringen - und so eine alte Freundschaft wiederbeleben.

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