Süddeutsche Zeitung

Rumänien:Verbot der Ehe für alle scheitert bei Referendum

  • Das Referendum für ein verfassungsrechtliches Verbot der Ehe für alle in Rumänien ist gescheitert.
  • Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 20 Prozent. Für ein gültiges Ergebnis hätten mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben müssen.
  • Das gescheiterte Referendum ist ein weiterer Rückschlag für die Regierungspartei PSD.

Das Referendum über ein verfassungsrechtliches Verbot der Ehe für alle in Rumänien ist an schwacher Beteiligung gescheitert. Für einen verbindlichen Entscheid hätten mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen müssen, allerdings gaben nach Angaben der Wahlkommission vom Sonntagabend nur 20,4 Prozent ihre Stimme ab.

Das Referendum hatte darauf abgezielt, die Ehe in der Verfassung ausschließlich als Verbindung zwischen Mann und Frau zu definieren. Die Initiative wurde von christlichen Fundamentalisten, der orthodoxen Kirche und indirekt von der regierenden Sozialdemokratischen Partei (PSD) unterstützt. Die Gegner der Verfassungsänderung hatten zum Boykott der Abstimmung aufgerufen.

Um eine möglichste hohe Beteiligung zu erreichen, setzten die PSD und ihr liberaler Koalitionspartner, die Allianz der Liberalen und Demokraten (Alde), das Referendum auf zwei Tage an. Zu den ersten, die am Samstag ihre Stimme abgaben, gehörte PSD-Chef Liviu Dragnea. Es sei "an der Zeit, darüber zu entscheiden, wie wir in unserem Land leben wollen", sagte er und fügte hinzu, eine Ja-Stimme sei "absolut kein Votum gegen eine Minderheit". Der 55-Jährige hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dass er mit Ja stimmen werde, und dies mit seinen "orthodoxen Glaubenssätzen und traditionellen Erziehung" begründet.

Gegen geplante Maßnahmen der Regierungspartei PSD gibt es immer wieder Proteste

Die Interessengruppen der Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen (LGBT) warnten davor, dass das Referendum die Diskriminierung sexueller Minderheiten weiter anheizen wird. Auch Menschenrechtler und mehrere Abgeordnete des Europaparlaments hatten die Initiative scharf kritisiert: Sie sehen darin einen Verstoß gegen die in der EU verbindlichen Menschenrechtsstandards. Homosexualität ist in Rumänien noch immer weitgehend tabuisiert, erst seit 2001 ist sie nicht mehr strafbar.

Die Regierungspartei PSD hatte sich für den Fall einer Zustimmung beim Referendum eine Stärkung ihrer Machtstellung erhofft. Gegen die von ihr geplanten Maßnahmen im Rechtswesen, welche die Unabhängigkeit der Justiz und die Korruptionbekämpfung einschränken würden, gibt es immer wieder Massenproteste. Der Rückhalt der Partei in der Bevölkerung ist deutlich gesunken.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4160754
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
afp/dpa/swi/jsa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.