Süddeutsche Zeitung

Rumänien:Präsident Johannis wiedergewählt

  • Der deutschstämmige Klaus Johannis bekommt eine zweite Amtszeit.
  • Er will den proeuropäischen Kurs Rumäniens fortsetzen.
  • Das dürfte für ihn nun einfacher werden, da ihn die neue bürgerliche Regierung unterstützt.

Von Florian Hassel, Warschau

Klaus Johannis bleibt weitere fünf Jahre Präsident Rumäniens. Der konservative Amtsinhaber gewann klar die Stichwahl gegen die linke Gegenkandidatin, Ex-Ministerpräsidentin Viorica Dancila. Auf den 60 Jahre alten Johannis, einen ehemaligen Physiklehrer aus Hermannstadt (Sibiu), entfielen nach Auszählung von 99,3 Prozent der Stimmen mehr als 63 Prozent, wie die Wahlbehörde in Bukarest am Sonntagabend mitteilte, Dancila kam auf 36,9 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war mit 49,9 Prozent die niedrigste seit 1989.

Dies war wahrscheinlich eine Folge des klaren Vorsprungs, den Amtsinhaber Johannis beim ersten Wahlgang am 10. November erzielt hatte. Damals stimmten bei 14 Kandidaten bereits knapp 38 Prozent der Wähler für Johannis, nur 22 Prozent für seine Hauptgegnerin Dancila. Viele Wahlberechtigte in Rumänien hielten angesichts des klaren Vorsprungs von Johannis die Teilnahme an der Wahl offenbar für überflüssig. Anders war es bei im Ausland lebenden Rumänen, die oft entschiedene Gegner der gestürzten postkommunistischen Regierung und Dancilas sind. 930 000 Auslandsrumänen nahmen an der Wahl teil, viel mehr als je zuvor.

"Der Krieg ist noch nicht zu Ende"

Johannis kann nach seinem Sieg zum ersten Mal seit seiner ersten Wahl zum Präsidenten mit einer gleichgesinnten Regierung zusammenarbeiten. Die von der postkommunistischen PSD geführte, von zahlreichen Skandalen erschütterte Regierung unter Dancila wurde im Oktober durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Seit dem 4. November wird Rumänien von einer konservativen Übergangsregierung geführt, die von Johannis' Ex-Wahlkampfchef Ludovic Orban, dem Chef der liberalkonservativen Partei PNL geführt wird.

Johannis feierte seinen Sieg als "Sieg Europas", warnte aber: "Der Krieg ist noch nicht zu Ende." Denn die schwerere Aufgabe als die Wiederwahl Johannis' steht aus Sicht des Präsidenten und der liberalkonservativen Partei PNL erst 2020 an. Die Regierung ist nur eine Übergangsregierung, die sich spätestens im Herbst 2020 zur Wahl stellen muss.

Zwar kündigte Regierungschef Orban an, umstrittene, von der EU scharf kritisierte Änderungen im Justizbereich rückgängig machen zu wollen, mit denen sich die von Skandalen erschütterte PSD die Justiz teils unterstellt hatte. Doch ob Orban die dafür notwendigen Stimmen bekommt, ist zweifelhaft. Seine Partei stellt in der Abgeordnetenkammer nur 69 von 329 Parlamentariern und ist auf etliche andere Parteien angewiesen. Die PSD ist im Parlament immer noch die mit Abstand stärkste Partei, sie stellt sowohl die Präsidenten beider Parlamentskammern als auch meisten Ausschussvorsitzenden.

Zudem regiert die PSD, die die Infrastruktur der rumänischen Kommunisten erbte, in vielen Regionen und trommelt dort seit ihrer Abwahl gegen Johannis und die neue Regierung. So werden alte Lügen wieder aufgewärmt, denen zufolge Johannis vorhabe, rumänische Kinder leichter von Ausländern adoptieren zu lassen oder sich illegal bereichert habe. Die Orban-Regierung habe vor, die Renten zu kürzen.

Mutmaßlicher Höhepunkt der Lügenkampagne: eine geklonte Facebook-Seite des neuen Finanzministers Florin Citu. Auf der gefälschten Seite kündigte Citu scheinbar an, die Gehälter von Millionen im Ausland lebenden Rumänen ebenso zu besteuern wie alle Geldtransfers an ihre Verwandten in Rumänien. Diesen Kurs dürfte die PSD bis zu den Lokalwahlen und der Parlamentswahl im Herbst 2020 fortsetzen.

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SZ vom 25.11.2019/lala
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