Süddeutsche Zeitung

Rumänien:Kollegen bringen Staatsanwältin hinter Gitter

Eine Woche nach dem Überraschungswahlsieg von Klaus Johannis zum neuen rumänischen Präsidenten beginnt dessen Kampf gegen Korruption. Der erste Schlag der Ermittler geht gegen eine Staatsanwältin, die eng mit Ministerpräsident Victor Ponta verbandelt ist.

Von Florian Hassel, Belgrad

Es waren Kollegen, die Staatsanwältin Alina Bica hinter Gitter brachten. Erst baten Staatsanwälte der rumänischen Anti-Korruptionsbehörde DNA Bica zum Verhör, dann beantragten sie wegen des Verdachts auf massive Korruption Haftbefehl: Der wurde genehmigt. Bicas Verhaftung schlug in Bukarest wie eine Bombe ein und belegt, eine Woche nach dem Überraschungswahlsieg von Klaus Johannis zum Präsidenten, dass das Thema Korruption in Rumänien das politische Geschehen bestimmt.

Alina Bica ist nicht irgendeine Staatsanwältin, sie gehört zur rumänischen Elite. Jahrelang war sie Staatssekretärin im Justizministerium. Dessen nomineller Chef war im Frühjahr 2013 Ministerpräsident Victor Ponta. Dieser machte Bica zur Chefermittlerin von Rumäniens oberster Behörde zur Bekämpfung von organisiertem Verbrechen und Terrorismus (DIICOT). Die gefürchtetste Staatsanwaltschaft Rumäniens aber ist heute die Anti-Korruptionsbehörde DNA: Sie hat den Auftrag, im notorisch korrupten Rumänien aufzuräumen, wegen der vielen Fälle nur auf hoher Ebene, und nur, wenn es um mehr als 10 000 Euro Bestechungsgeld geht.

Das scheint nach Erkenntnissen der DNA-Ermittler im Fall ihrer Kollegin Bica der Fall zu sein. Im März 2011 war Bica als Staatssekretärin auch Mitglied einer Kommission, die über die Rückgabe oder Entschädigung von in kommunistischer Zeit enteigneten oder gestohlenem Eigentum entschied. Bica und drei weitere verhaftete Staatsdiener sprachen einem Immobilien-Unternehmer für 13 Hektar Land in Bukarest eine Entschädigung von knapp 90 Millionen Euro zu. Tatsächlich sei das Land nicht einmal 30 Millionen Euro wert gewesen, der Steuerzahler um 62,5 Millionen Euro geschädigt worden, erklärte die DNA nach Bicas Festnahme. Ob sie damals bestochen worden sein soll, und wenn ja, in welcher Höhe, gaben die Ermittler zunächst nicht bekannt.

Die Wahl von Johannis war auch eine Anti-Ponta-Wahl

Das Vorgehen der DNA gegen Staatsanwältin Bica kommt nur wenige Tage nach dem Wahlsieg von Johannis: Der kündigte nach seinem Sieg ein konsequentes Vorgehen gegen Korruption an, wenn er im Dezember erst in den Präsidentenpalast eingezogen ist. Nach einem Treffen mit seiner liberal-konservativen Partei PNL sagte Johannis am Dienstag vergangener Woche, seine Partei werde schon 2015 - ein Jahr vor der nächsten Parlamentswahl - versuchen, die Regierung Ponta durch Bildung einer neuen Koalition abzulösen.

Derzeit haben Pontas Sozialdemokraten mit anderen Parteien eine komfortable Mehrheit und kontrollieren etwa 60 Prozent aller Parlamentssitze. Allerdings ist das Abspringen von Parteien aus bestehenden Koalitionen und die Bildung neuer Bündnisse in Rumänien auch vor regulären Wahlen nicht ungewöhnlich. Die Wahl von Johannis zum Präsidenten war vor allem auch eine Anti-Ponta-Wahl.

Womöglich könnte Johannis' eigene Partei angreifbar werden

Nach seiner verheerenden Niederlage steuerte Ponta bereits um. Eigentlich wollte seine Regierung wegen Korruption verurteilte Rumänen amnestieren. Doch nach seiner Niederlage versicherte der geübte Populist Ponta, die Präsidentenwahl sei ein klares Anti-Korruptionsvotum gewesen: Und so lehnte das Parlament am Dienstag vergangener Woche den von einem Abgeordneten von Pontas Partei eingebrachten Amnestieentwurf mit den Stimmen genau dieser Ponta-Partei ab.

Ob nach dem Einzug von Johannis in den Präsidentenpalast tatsächlich systematisch gegen Korruption vorgegangen wird und dies über die Verhaftung Einzelner hinausgeht, ist offen - selbst wenn es seiner Partei gelingen sollte, auch die Regierung zu übernehmen.

Gewiss kann Johannis als bisheriger Bürgermeister von Hermannstadt (Sibiu) auf eine integre Vergangenheit zurückblicken, denn bisher ist aus seinen 14 Jahren Amtszeit in Hermannstadt kein einziger Korruptionsskandal bekannt geworden. Doch Johannis' eigene Partei war bis Februar 2014 Koalitionspartner in der Regierung von Ministerpräsident Victor Ponta. Sie könnte womöglich also wegen möglicher, bisher unbekannter Korruptionsfälle selber angreifbar werden.

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SZ vom 24.11.2014/sks
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