Rüttgers bringt Union in Not:"Das kann noch gefährlich werden"

Unruhe in der Union: Die Parteispitze befürchtet, dass die Sponsoring-Affäre um Rüttgers weitreichende Folgen haben könnte.

S. Braun, H.-J. Heims und D. Graalmann

In der CDU wächst die Sorge, dass die Affäre um die Sponsoring-Praxis der Partei in Nordrhein-Westfalen die Wahlaussichten für die Landtagswahl Anfang Mai massiv verschlechtern könnte.

Sollte es Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nicht gelingen, die Diskussion schnell zu beenden, "kann das noch sehr gefährlich für uns werden", sagte ein CDU-Präsidiumsmitglied der Süddeutschen Zeitung. Zugleich wurden weitere Belege dafür bekannt, dass die umstrittene Praxis von der Landes-CDU schon länger gepflegt wird.

Furcht vor dem "Aufregerthema"

In der Unionsführung geht vor allem die Befürchtung um, dass bei den derzeit ohnehin sehr knappen Mehrheitsverhältnissen in Nordrhein-Westfalen die Affäre den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben könnte. Noch seien die Vorwürfe vor allem ein Thema für Experten, sollte es aber zu einem "Aufregerthema der breiten Öffentlichkeit" werden, dann werde es "weh tun", hieß es in Fraktionskreisen. Der Rücktritt des bisherigen Landesgeneralsekretärs Hendrik Wüst wird in der Unionsführung als Chance für einen Neuanfang gewertet. Wüst galt in Berlin wegen seines forschen und wenig selbstkritischen Auftretens schon seit längerem als Belastung im Wahlkampf.

Ob sein Rückzug aber ausreiche, die Krise zu überwinden, sei noch unklar, hieß es in Partei- und Fraktionskreisen weiter. Eng mit der Sorge um den Wahlsieg ist die Angst vor dem Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat verbunden. Sollte die Düsseldorfer Koalition am 9. Mai nicht bestätigt werden, wie Umfragen derzeit vorhersagen, hätte die Bundesregierung in der Länderkammer keine Mehrheit mehr.

"Es gibt Sponsoring in vielen, vielen Bereichen"

Rüttgers räumte unterdessen ein, dass Fehler passiert seien. Zugleich verteidigte er aber die Sponsoring-Praxis. "Es gibt Sponsoring in vielen, vielen Bereichen, künstlerischen und sportlichen und bei allen Parteien", sagte der Ministerpräsident am Rande von Beratungen der CDU-Landtagsfraktion im Düsseldorfer Landtag.

Abermals bestritt er, von Werbebriefen gewusst zu haben, in denen Sponsoren exklusive Gespräche mit ihm oder Landesministern gegen Zahlung einer bestimmten Summe versprochen wurden. "Ich bin für die Politik in der CDU zuständig, nicht für die Organisation von Veranstaltungen", sagte Rüttgers. Er bestritt auch, bereits zu einem früheren Zeitpunkt von solchen Sponsoren-Briefen gewusst zu haben.

So war bereits im Vorfeld eines CDU-Kongresses in Bonn im November 2004 bekannt geworden, dass Firmen das Angebot erhalten hatten, gegen Zahlung von 14000 Euro ein "Sponsorenpaket" zu erwerben. Den Spendern wurde eine Begegnung mit dem damaligen CDU-Spitzenkandidaten Rüttgers in Aussicht gestellt.

Ehemalige und amtierende Landesvorstandsmitglieder wiesen darauf hin, dass Rüttgers den Landesverband in den vergangenen zehn Jahren ganz auf seine Person ausgerichtet habe. Dass er nicht gewusst habe, in welcher Form sein Name vermarktet wurde, sei daher ziemlich unwahrscheinlich, hieß es. Auch wurde an die schwierige Finanzlage der Partei nach der gewonnenen Landtagswahl im Mai 2005 erinnert.

Etwa eine Million Euro soll der Wahlkampf teurer gewesen sein als geplant. Zudem war die Landesgeschäftsstelle aufwendig saniert worden. Auch vor diesem Hintergrund habe die Partei nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten suchen müssen, erinnern sich frühere Mitarbeiter der Landesgeschäftsstelle. Rüttgers sei dabei zwar nicht selbst aktiv geworden, aber über alle wesentlichen Vorgänge informiert worden.

"Die Ära Rüttgers geht zu Ende"

Der Landesvorstand der NRW-CDU kam am Abend zusammen, um über die Lage zu beraten. Rüttgers schlug Landesmedienminister Andreas Krautscheid als neuen Generalsekretär vor. Der 49-Jährige gehört zu den engen Vertrauten von Rüttgers.

"Die Ära Rüttgers geht zu Ende", hatte zuvor ein langjähriger Parteifunktionär der SZ gesagt. Durch Rüttgers' Hang zur Selbstherrlichkeit habe sich Unmut in der Partei aufgestaut. Dass sich dieser bisher nicht entladen habe, sei damit zu erklären, dass es zu Rüttgers vor der Wahl keine Alternative gebe.

Nach Ansicht von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft stellen die Werbebriefe eine "Grenzüberschreitung" dar, die einen schweren politischen Schaden für alle Parteien bedeute. Für ihre Partei schloss Kraft ein solches Vorgehen aus: "Bei der NRW-SPD gibt es das nicht, bei uns bekommt man keine Gesprächstermine gegen Geld."

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