Wirtschaftsminister Habeck:Ampelkoalition uneins über die Regeln für Rüstungsexporte

Wirtschaftsminister Habeck: Will strengere Regeln für Rüstungsexporte durchsetzen: Robert Habeck, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, im Plenarsaal des Deutschen Bundestags.

Will strengere Regeln für Rüstungsexporte durchsetzen: Robert Habeck, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister, im Plenarsaal des Deutschen Bundestags.

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Während Verteidigungsministerin Lambrecht darauf drängt, die Ausfuhr zu erleichtern, legt Wirtschaftsminister Habeck nun einen Gesetzentwurf vor, der deutlich restriktivere Vorschriften als bisher festschreiben soll.

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Regeln für Rüstungsexporte restriktiver fassen. Das geht aus Eckpunkten für ein entsprechendes nationales Gesetz hervor, die sein Staatssekretär Sven Giegold am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. "Bei der Entscheidung über Rüstungsexporte erhalten sowohl die Einhaltung der Menschenrechte als auch die europäische Rüstungszusammenarbeit ein höheres Gewicht", sagte Giegold der Süddeutschen Zeitung. Für Gemeinschaftsprojekte mit europäischen Partnern solle es einen rechtlichen Rahmen geben. Die Liste der Länder, die wie Nato- und EU-Mitgliedstaaten beliefert werden können, soll erweitert werden. Die Eckpunkte müssen noch in der Bundesregierung abgestimmt werden, bevor ein Gesetzentwurf erarbeitet wird.

Habeck schlägt damit eine deutlich andere Linie ein als Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Er hatte jüngst deren Forderung zurückgewiesen, Exporte von Rüstungsgütern aus europäischen Gemeinschaftsprojekten zu erleichtern. Deutschland sei "in einer Bringschuld", sagte Lambrecht. Wenn Frankreich, Italien oder Spanien Lieferungen an Drittländer für vertretbar hielten, könne Deutschland kein Veto einlegen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat angekündigt, alle "nationalen Vorbehalte und Regularien" für den Export gemeinsam hergestellter Systeme zu überprüfen. Die Sicherheit Deutschlands hänge "eben auch von europäischen Rüstungsfähigkeiten ab".

Grüner Widerstand gegen Lieferung nach Saudi-Arabien

Habeck will erreichen, dass bei Kooperationsprojekten die beteiligten Länder künftig gemeinsam mit Mehrheit über Exporte entscheiden und nicht länger individuell nach der jeweiligen Auslegung der in der EU vereinbarten Kriterien. Er strebt eine europäische Verordnung für Rüstungsexporte an. Bei den Grünen, deren Bundesparteitag an diesem Freitag beginnt, gibt es heftigen Widerstand gegen die Lieferung von Ersatzteilen für Kampfjets und Munition an Saudi-Arabien. Die Bundesregierung hatte sie unter Beteiligung von Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock genehmigt. Es gehe um die Erfüllung von Altverträgen im Zuge eines Gemeinschaftsprojekts, die von Vorgängerregierungen geschlossen wurden. Deutschland sei daran gebunden. Andernfalls würde Schadenersatz fällig. Im Koalitionsvertrag heißt es, dass Exporte von Rüstungsgütern an Staaten nicht genehmigt werden, die am Jemen-Krieg beteiligt sind - wie Saudi-Arabien.

Die Einhaltung von Menschenrechten soll nach Habecks Vorstellungen sichergestellt werden, indem Ausfuhrgenehmigungen nicht erteilt werden, wenn "der hinreichende Verdacht" bestehe, Rüstungsgüter könnten zur internen Repression, zu systematischen Menschenrechtsverletzungen sowie zu gender- oder minderheitenspezifischer Gewalt oder im Zusammenhang mit dem Einsatz von Kindersoldaten verwendet werden. Bei illegalen Ausfuhren sollen Hersteller nicht mehr vor zivilrechtlichen Klagen geschützt sein. Nicht enthalten in den Eckpunkten ist das von vielen Grünen geforderte Verbandsklagerecht.

Deutsche Rüstungsindustrie fürchtet Wettbewerbsnachteile

Habeck will mit einer europaweit einheitlichen Regelung verhindern, dass die Hauptproduktionsorte für Waffensysteme bei europäischen Gemeinschaftsprojekten in das Land gehen, in dem die gemeinsam in der EU vereinbarten Kriterien für Rüstungsexporte am wenigsten streng ausgelegt werden. Das sei auch im Interesse der deutschen Rüstungsindustrie, die Wettbewerbsnachteile fürchtet. Gerade Frankreich, das mit Deutschland an der Entwicklung eines neuen Kampfjets sowie eines Panzers arbeitet, hat immer wieder darüber geklagt, dass solche Projekte nicht zu finanzieren seien, wenn die Waffensysteme nicht auch an Drittstaaten verkauft werden könnten.

Die Transparenz über erteilte Genehmigungen will das Wirtschaftsministerium erhöhen, indem der Bundestag über alle Lieferungen von Kriegswaffen an Drittländer unterrichtet wird, die nicht der Nato oder der EU angehören. Südkorea, Singapur, Chile und Uruguay sollen künftig den gleichen Status erhalten wie Nato- und EU-Staaten. Auch erwägt Habeck, Genehmigungsdaten für Rüstungsexporte in einer Datenbank öffentlich zugänglich zu machen. Die Genehmigungsverfahren sollen vereinfacht werden und stärkere Vorgaben zur Korruptionsbekämpfung beinhalten.

Zudem sollen sogenannte Post-Shipment-Kontrollen ausgedehnt werden, bei denen die Bundesregierung prüft, ob etwaige Vorbehalte in Exportgenehmigungen vom Empfängerland eingehalten werden. Verstöße sollen Auswirkungen haben auf künftige Genehmigungen. Zudem sollen Kontrollen bei alle Rüstungsgütern und Kriegswaffen und in begründeten Fällen auch in EU- und Nato-Staaten möglich sein. Exportgenehmigungen wären demnach auch abhängig davon, ob Empfängerländer in solche Kontrollen einwilligen.

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