Saudi-Arabien:Vorherrschaft um jeden Preis

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Saudi-Arabien: Szene nach einem Luftangriff der von Riad geführten Militärallianz in Jemen.

Szene nach einem Luftangriff der von Riad geführten Militärallianz in Jemen.

(Foto: AFP)

Das saudische Königshaus gibt Milliarden für sein Militär aus, um dem Rivalen Iran Paroli zu bieten. Darunter leiden vor allem die Jemeniten.

Von Moritz Baumstieger

Dramatische Warnungen und drängende Appelle gingen zuletzt zuhauf in Riad ein. Organisationen wie "Ärzte ohne Grenzen" sahen "Hunderttausende Leben in Gefahr", wenn Saudi-Arabien seine am 4. November verhängte Blockade der See- und Flughäfen in Jemen aufrechterhalte. Die UN gingen noch weiter: "Millionen Opfer" droht es nach Angaben ihres Nothilfekoordinators Mark Lowcock zu geben, an der Südspitze der Arabischen Halbinsel entstehe die "größte Hungersnot seit Jahrzehnten".

Am Montag nun reagierte das Königreich - teilweise. Die saudisch-arabische UN-Mission erklärte, "innerhalb der nächsten 24 Stunden" werde man die Häfen wieder öffnen. Hilfe kann wieder in das Bürgerkriegsland geliefert werden, in dem seit 2014 mehr als 10 000 Zivilisten durch Kriegshandlungen starben, in dem sich mehr als 500 000 Menschen mit Cholera infiziert haben, weil von der Infrastruktur kaum mehr etwas übrig ist, und in dem nach UN-Angaben mehr als 17 Millionen Menschen auf Unterstützung angewiesen sind.

Was sich zunächst so anhört wie ein kleiner Erfolg der breiten Allianz aus Politikern, Menschenrechtlern und Hilfsorganisationen gegen das Vorgehen der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition in Jemen, kommt mit einer kleinen, aber wichtigen Einschränkung daher. Die von Riad angekündigte Aufhebung der Blockade gilt nur für die Häfen unter Kontrolle der offiziellen jemenitischen Regierung - die von den Huthi-Rebellen gehaltenen Gebiete, in denen die Not am größten ist, sind weiter von jeglicher Hilfe abgeschnitten.

Saudi-Arabien ist nicht gewillt, seine Strategie im Nachbarland grundsätzlich zu ändern: Die Huthi-Rebellen sollen von Waffenlieferungen abgeschnitten und so zur Aufgabe gezwungen werden. Dass vor allem die Zivilbevölkerung unter dieser Aushungerungstaktik leidet, scheint Riad genauso in Kauf zu nehmen wie Schaden am Ruf als vertrauenswürdiger Partner des Westens. Wann immer neue Zahlen zu Rüstungsgeschäften mit dem Königreich publik werden, erfährt das Drama in Jemen in westlichen Ländern wieder Aufmerksamkeit: Deutsche Werften bauen Patrouillenboote für die saudisch-arabische Marine, die Jemens Häfen von Lieferungen abschneidet. Die königliche Armee schätzt deutsches Kriegsgerät, und wenn nach Bombardements Überreste von völkerrechtswidriger Streumunition gefunden werden, stammen diese oft aus Fabriken in Großbritannien.

Doch Saudi-Arabien hält eisern am Waffeneinsatz im Nachbarland fest, trotz dieses Imageverlustes und der immensen Kosten; ein US-Wissenschaftler errechnete 2016, dass jeder Kriegstag das Königreich 200 Millionen Dollar kostet. Dies lag zum einen lange daran, dass der junge Verteidigungsminister Mohammed bin Salman einen Gesichtsverlust im inner-saudischen Machtpoker vermeiden wollte. Als ein Konflikt zwischen der jemenitischen Regierung und den Huthi-Rebellen eskalierte, befahl er im Frühjahr 2015 den Einsatz unter dem Namen "Decisive Storm" - entscheidender Sturm. Doch statt die Huthis durch eine kurze Intervention zu besiegen, verstrickte er sich in einen kaum zu gewinnenden Krieg, der auch den Terrororganisationen al-Qaida und IS neuen Raum gab.

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