Rüstungskontrolle:Maas warnt vor atomarer Aufrüstung in Europa

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Der deutsche Außenminister kündigt Widerstand der Bundesrepublik an und erntet dafür Kritik aus der CDU.

Von Stefan Braun, Berlin

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat mit seiner Warnung vor einer Stationierung neuer atomarer Mittelstreckenraketen in Europa sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während der Grünen-Politiker Omid Nouripour den angekündigten Widerstand Berlins grundsätzlich begrüßte und mehr europäische Initiative verlangte, warnte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter davor, sich in der aktuell heiklen und schwierigen Situation frühzeitig festzulegen. Deutschland komme im Bemühen um eine Entspannung der Lage besondere Bedeutung zu; deshalb sei das Ziel richtig, die Rüstungskontrolle wieder zu beleben. Das müsse aber international breit eingebunden werden; entsprechend problematisch sei eine frühe eigene Festlegung.

Außenminister Maas hatte in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur deutschen Widerstand angekündigt, sollte der 30 Jahre alte INF-Vertrag über Mittelstreckenraketen zwischen Russland und den USA aufgekündigt werden. "Europa darf auf keinen Fall zum Schauplatz einer Aufrüstungsdebatte werden", sagte Maas. "Eine Stationierung neuer Mittelstreckenraketen würde in Deutschland auf breiten Widerstand stoßen." Der Außenminister regte eine "neue Rüstungskontrollarchitektur" an; diese solle nicht nur nukleare Waffen beinhalten, sondern auch moderne autonome Waffensysteme "wie zum Bespiel Killer-Roboter".

Hintergrund der Maas-Äußerungen ist ein heftiger Streit um die Rüstungskontrolle zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Zuletzt hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump mit einer Aufkündigung des einst für Mittelstreckenraketen geschaffenen INF-Vertrags gedroht und Moskau eine letzte Frist bis Anfang Februar eingeräumt. Bis dahin solle Russland alle Aktivitäten zum Bau neuer Raketen einstellen. Russlands Präsident Wladimir Putin macht dagegen Washington für die Eskalation verantwortlich und verweist auf ein amerikanisches Raketenabwehrsystem, das in Rumänien stationiert wird.

Der CDU-Verteidigungsexperte Kiesewetter verweist nun darauf, dass die USA und Russland derzeit durchaus das Interesse hätten, den INF-Vertrag sterben zu lassen. Hintergrund sei die Aufrüstung in Asien. Insbesondere China, Pakistan und Iran hätten längst ein nukleares Mittelstreckenraketenpotenzial geschaffen, das die Interessen der USA und Russlands massiv beeinträchtige. Deutschlands Vorschlag für eine neue Rüstungskontrolle sei richtig, so der CDU-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags. Es sei jedoch "voreilig und falsch", jetzt schon eine Stationierung neuer Systeme auszuschließen. Damit begrenze man unnötig seinen Handlungsspielraum und berücksichtige nicht das Sicherheitsbedürfnis osteuropäischer Staaten, sagte Kiesewetter.

Der Grünen-Politiker Nouripour dagegen unterstützte Maas, forderte aber mehr europäisches Engagement. "Eine gemeinsame europäische Linie ist in dieser Frage wortwörtlich überlebenswichtig", sagte Nouripour.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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