Von Rüstungsunternehmen hatte man jahrzehntelang ziemlich wenig gehört. Oft nur dann, wenn wieder mal Waffen aus heimischer Produktion irgendwo in fernen Ländern aufgetaucht waren, da, wo sie eigentlich nicht hingehörten. Entsprechend mies war das Image der Branche. Und jetzt? Wird auf einmal täglich und auf allen Kanälen über Rüstung gesprochen. Über Flugabwehr und Kampfflieger, Panzer und Drohnen, Artillerie aller Art.
Europa rüstet wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine mächtig auf und will Hunderte Milliarden Euro investieren. Schwindelerregende Summen, um sich im Ernstfall verteidigen zu können. In Kriegszeiten boomt nun mal das Geschäft mit Granaten, die Branche investiert, baut ihre Produktion aus und stellt Tausende Menschen neu ein.
Die Militärausgaben stützen die Konjunktur
Dass der Aktienkurs des Düsseldorfer Rüstungsunternehmens Rheinmetall seit Kriegsbeginn von damals rund 90 auf heute fast 1800 Euro gestiegen ist, sagt schon einiges aus über den Bedeutungswandel. Sogar das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) hatte bereits vor einigen Wochen ausgerechnet, dass infolge steigender Militärausgaben sogar das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kräftig steigen könnte. Und wenn sogar Fabriken von Autoherstellern bald in Betriebe für Waffenschmieden umfunktioniert werden könnten, wie es bei VW in Osnabrück im Gespräch ist, dann kann man ruhig mal fragen: Sind Panzer jetzt die neuen Porsches? Sieht fast so aus.
Die Frage ist nur: Gehen die Menschen bei solchen Milliardensummen eigentlich noch mit? Ausgerechnet bei dieser Branche, die noch bis vor Kurzem als die Schmuddelecke der Industrie galt?
Erst im Februar kam eine Umfrage zu dem Ergebnis, dass 75 Prozent der Deutschen einen Ausbau der Verteidigung prinzipiell befürworten. Allerdings, so das Ergebnis einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Kommunikationsberatung Fink & Fuchs: 80,9 Prozent der Befragten würden gerne genauer wissen, wie die geplanten Investitionen in Sicherheit und Verteidigung eingesetzt werden. Und immerhin zwei Drittel (68,7 Prozent) möchten detaillierter darüber informiert werden, welche Unternehmen am meisten von den öffentlichen Aufträgen profitieren.
„Das Problem ist, dass diese Branche für viele Menschen noch immer in einer klandestinen Ecke angesiedelt ist“, sagt Alexandra Groß von Fink & Fuchs. Es handele sich um ein Geschäft, das zwar hoch reguliert sei – das aber „keiner wirklich nachvollziehen“ könne. Rüstungsunternehmen müssten sich daher „sehr konkret überlegen, wie sie besser rüberkommen“, sagt Groß. Es gehe jetzt darum, mehr Vertrauen zu schaffen – zum Beispiel durch Aktionen wie Tage der offenen Tür.
Es ist längst nicht ausgemacht, dass die Zustimmung in der Bevölkerung auch so hoch bleiben wird. Fachleute rechnen mit größeren Desinformationskampagnen, um der Rüstungsindustrie zu schaden. Im vergangenen Jahr sollen Geheimdienste sogar ein von Russland geplantes Attentat auf den Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall vereitelt haben.
Schwierige Zeiten also für eine Branche, in der man ohnehin nicht gewohnt ist, offen zu sein und viel nach außen zu geben. Dass es jetzt um Milliardenaufträge geht, dürfte die Sache nicht einfacher machen.