Süddeutsche Zeitung

Rüstungspolitik:SPD: Embargo gegen Saudi-Arabien wichtige Botschaft an EU-Partner

  • SPD und Union haben sich darauf geeinigt, das Rüstungsembargo gegen Saudi-Arabien zu verlängern.
  • Die SPD zeigt sich zufrieden mit dem Kompromiss. Die Union wollte Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien eigentlich teilweise wieder genehmigen.
  • Zugeständnisse machte die SPD bei Gemeinschaftsprodukten, bei denen deutsche Teile für europäische Projekte geliefert werden.

Von Mike Szymanski, Berlin

Der am Donnerstagabend gefundene Kompromiss zum Umgang mit Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien findet Zustimmung in der SPD. Fraktionsvize Rolf Mützenich, zugleich einer der Architekten der restriktiveren Rüstungsexportpolitik, auf die sich Union und SPD im Koalitionsvertrag verständigt hatten, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die Verlängerung des Rüstungsexportstopps nach Saudi-Arabien ist eine starke und unmissverständliche Entscheidung."

Zudem lobte er die Entscheidung, dass gemeinsame europäische Rüstungsgüter in den nächsten neun Monaten nicht endmontiert an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden sollen, als "ein weiteres klares Signal". Darunter dürfte auch eine Bestellung von 48 Kampfflugzeugen vom Typ Eurofighter fallen, die Großbritannien aus Saudi-Arabien erhalten hatte. Nach der Einigung der Bundesregierung wird den beteiligten deutschen Unternehmen zur Auflage gemacht, dass sie gegenüber ihren Vertragspartnern "darauf bestehen", dass in diesem Zeitraum keine endmontierten Rüstungsgüter an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden. Mützenich sagte der SZ: "Die beteiligten Unternehmen können damit die politische Haltung Deutschlands bekräftigen und sich an der Herstellung einer gemeinsamen Auffassung in Europa beteiligen."

Am Donnerstagabend war der Bundessicherheitsrat abermals zusammengekommen, um über eine Verlängerung des Exportstopps nach Saudi-Arabien zu entscheiden. Das bestehende Ausfuhrverbot wäre ansonsten am Sonntag ausgelaufen. Bilaterale Rüstungslieferungen werden - so der jetzt gefundene Kompromiss - für weitere sechs Monate nicht erlaubt. Für diesen Zeitraum würden grundsätzlich auch keine Neuanträge genehmigt, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstagabend nach einer Sitzung der entscheidenden Minister mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin mit.

Damit folgt das Gremium einer Forderung von SPD-Chefin Andrea Nahles. Die Union wollte Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien teilweise wieder genehmigen. Zugeständnisse machte die SPD bei Gemeinschaftsprodukten. Dabei geht es um Programme, bei denen deutsche Teile für europäische Projekte geliefert werden. Paris und London konnten in den vergangenen Monaten wegen des deutschen Exportstopps Verträge nicht erfüllen, die sie mit Saudi-Arabien geschlossen hatten. Dies hat zu heftigem Protest gegenüber Berlin geführt.

Nun sollen bereits erteilte Ausfuhrgenehmigungen für Waffen aus Gemeinschaftsprojekten mit EU-Partnern zunächst bis zum 31. Dezember 2019 verlängert werden, allerdings unter Einschränkungen, etwa was endmontierte Güter angeht. Seibert zufolge wird sich die Bundesregierung bei den europäischen Partnern nun dafür einsetzen, "dass die gemeinsam produzierten Rüstungsgüter im Jemen-Krieg nicht zum Einsatz kommen".

"Die Bundeskanzlerin muss ihren europäischen Kolleginnen und Kollegen unmissverständlich deutlich machen, dass wir keine europäischen Rüstungsgüter in einem Krieg auf der arabischen Halbinsel sehen wollen, der unbeschreibliches Leid über Menschen gebracht hat", erklärte der Außen- und Sicherheitspolitiker Mützenich.

Nahles: "Kein Einsatz von Waffen im Jemen"

Außerdem will die Koalition der Peene-Werft in Wolgast helfen, den Schaden aus den von Saudi-Arabien bestellten Küstenschutzschiffe zu minimieren, die zum Teil bereits gebaut sind, aber nicht ausgeliefert werden dürfen. Die Bundesregierung werde eine Lösung finden, die entweder den Bau der Schiffe ermöglicht, ohne sie derzeit auszuliefern oder die eine Nutzung in Deutschland, etwa bei der Marine, vorsieht.

SPD-Chefin Nahles sieht in dem Kompromiss eine "wichtige Klarstellung auch für unsere europäischen Partner". Gemeinschaftsproduktionen würden fortgeführt. Es gelte aber: "Kein Einsatz von Waffen im Jemen. Bis das nicht geklärt ist: Keine Lieferung an Konfliktparteien." Den Beschäftigten der Peene-Werft gebe der Kompromiss "Sicherheit für ihre Arbeitsplätze".

Vor allem die SPD steht bei ihren Anhängern im Wort, Rüstungsexporte deutlich restriktiver zu handhaben. Maßgeblich auf ihr Betreiben hin wurde im Koalitionsvertrag geregelt, dass Deutschland keine Ausfuhren mehr an Länder genehmigt, "solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind". Ausgenommen sind davon bereits genehmigte Lieferungen.

Saudi-Arabien führt eine Militärallianz an, die in Jemen gegen die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. Der Krieg hat weltweit zu einer der schlimmsten Katastrophen für die Bevölkerung geführt. Es herrscht größte Not. Die Bundesregierung hatte im November die Tötung des regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi zum Anlass genommen, die Rüstungsgeschäfte gänzlich zu unterbinden.

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