Gaza-Krieg:Deutsche Waffenlieferungen an Israel werden nicht verboten

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Angesichts der israelischen Kriegsführung in Gaza hat die Bundesregierung schon länger keine Waffenexporte mehr genehmigt. (Foto: Amir Cohen/Reuters)

Die Rüstungsexporte verstoßen nicht gegen geltendes Recht, erklärt das Verwaltungsgericht Berlin – weil ohnehin keine neuen Lieferungen mehr genehmigt würden. Anträge von Kriegsopfern aus Gaza werden abgelehnt.

Von Ronen Steinke, Berlin

Die deutsche Bundesregierung muss ihre Rüstungsexporte an Israel auch in Zeiten des Gaza-Krieges nicht komplett einstellen. Das entschied am Montag das Verwaltungsgericht Berlin. Es lehnte damit mehrere Eilanträge von Bewohnern des Gazastreifens ab, wie am Dienstag bekannt gegeben wurde.

Die Antragsteller, unter ihnen etwa ein 60-jähriger Taxifahrer namens Maher Arouq, dessen Haus im Gazastreifen bei einem israelischen Luftangriff zerstört wurde, hatten sich mit Unterstützung durch deutsche Anwälte an das Berliner Gericht gewandt. Sie hatten gefordert, die Bundesregierung zu einem sofortigen, totalen Exportstopp zu verurteilen – weil sonst die Gefahr drohe, dass mit deutschen Waffen internationales Recht gebrochen werde. Unter anderem hatte zuletzt der Internationale Gerichtshof in Den Haag das israelische Militär streng ermahnt, Vorstöße in dem dicht besiedelten Ort Rafah zu unterlassen, sofern dadurch die palästinensische Bevölkerung in Gefahr sei, „vernichtet“ zu werden. Israel hatte dennoch angegriffen.

„Gefahr einer Rechtsverletzung“ sei nicht „greifbar“

Die „Gefahr einer Rechtsverletzung“ durch die Bundesregierung sei dennoch nicht „greifbar“, erklärte nun das Verwaltungsgericht Berlin. Denn die Bundesregierung habe schon vor Längerem aufgehört, Kriegswaffen an Israel zu genehmigen – und zwar von sich aus. Das Gericht schreibt: „Die Bundesregierung hat bereits seit Anfang 2024 keine dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterfallenden Waffenlieferungen an Israel mehr genehmigt.“ So hatte es die Regierung selbst mehrfach dargelegt.

Kurz nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober habe es zwar eine große Bereitschaft gegeben, Exporte zu genehmigen – allein im Oktober 2023 hatte die Bundesregierung deshalb Rüstungsgeschäften im Wert von mehr als 200 Millionen Euro zugestimmt. Angesichts der israelischen Kriegsführung in Gaza habe sich das aber schnell geändert. Zuständig für Exportgenehmigungen ist der sogenannte Bundessicherheitsrat, dem mehrere Ministerinnen und Minister angehören, unter ihnen Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne).

Dies hebt nun das Verwaltungsgericht hervor: Nach den eigenen Angaben der Bundesregierung sei die neue Zurückhaltung beim Waffenexport an Israel eine direkte Reaktion auf das Geschehen in Gaza gewesen – und im Einklang mit deutschen Gesetzen, die einen Export verböten, wenn Kriegsverbrechen zu befürchten seien. Das Gericht führt aus: Man könne der Bundesregierung nur dann ein präventives Verbot auferlegen, wenn sich „hinreichend konkret“ abzeichnen würde, dass die Bundesregierung ihre Haltung ändern und in Zukunft das deutsche Kriegswaffenkontrollgesetz „missachten“ wolle. Dies sei aber nicht ersichtlich.

„Bedrückende“ Niederlage für die klagenden Palästinenser

Die Gerichtsentscheidung ist in der Form von drei Beschlüssen ergangen, die weitgehend gleich lauten. Denn es sind insgesamt drei Gruppen von Antragstellern gewesen, die sich an das Gericht gewandt hatten. Die größte Gruppe – fünf Palästinenser, die derzeit im Gazastreifen leben – wurde vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) vertreten, einer Organisation mit Sitz in Berlin. Die Niederlage vor Gericht sei „bedrückend“, erklärte am Dienstag einer der ECCHR-Juristen, der Rechtsanwalt Alexander Schwarz.

Gleichzeitig räumte er ein: „Unser Antrag scheiterte vor allem daran, dass gegenwärtig seitens der Bundesregierung keine Kriegswaffen nach Israel genehmigt werden. Damit gibt es juristisch nichts, was man im Rahmen einer Klage angreifen könnte.“ Vielleicht habe aber auch der juristische Druck mit dazu beigetragen, dass jetzt bei der Bundesregierung ein „erhöhtes Problembewusstsein“ bestehe.

Die Antragsteller haben jetzt noch die Möglichkeit, ihren Eilantrag gegen die Bundesregierung vor die nächsthöhere Gerichtsinstanz zu tragen, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

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