Rüstungsdeal:Botschaft an die Bündnispartner

Die türkische Regierung kauft ein Raketenabwehrsystem aus Russland ein - und brüskiert damit die Nato-Verbündeten.

Von Frank Nienhuysen

Russland hat den Verkauf eines Raketenabwehrsystems an die Türkei und damit entsprechende Aussagen von Staatschef Recep Tayyip Erdoğan bestätigt. "Der Vertrag ist unterzeichnet", sagte Wladimir Koschin, Militärberater von Russlands Präsident Wladimir Putin. Erdoğan hatte in einem Hürriyet-Interview gesagt, "unsere Freunde haben den Vertrag über S-400 unterschrieben", und soweit er wisse, sei auch schon die erste Anzahlung gemacht worden. Dass das Nato-Mitglied Türkei ein russisches Luftabwehrsystem kauft, wird in der Allianz äußerst kritisch gesehen, die USA haben bereits mehrmals ihre Besorgnis geäußert. Der demokratische Senator Ben Cardin hatte sogar gesagt, dass das Rüstungsgeschäft gegen Russland-Sanktionen verstoßen könnte. Neu ist die Vereinbarung allerdings nicht. Beide Seiten hatten schon in den vergangenen Monaten von einem Durchbruch bei den Kaufverhandlungen gesprochen.

Russland nutzt selbst das neue Raketenabwehrsystem zum Schutz seiner Soldaten im syrischen Bürgerkrieg. Nach Moskauer Angaben ist das System international extrem begehrt, "es gibt eine regelrechte Schlange aus Staaten Südostasiens, des Nahen Ostens" sowie aus Ländern, die einst der Sowjetunion angehört hatten, sagte Koschin. Doch der russisch-türkische Vertrag ist mehr als ein gewöhnliches Lieferabkommen im Rüstungsgeschäft. Zwist innerhalb der Nato, deren Verhältnis mit Russland seit der Krim-Annexion massiv angespannt ist, kommt Moskau durchaus gelegen. Zwar waren auch Russlands Beziehungen mit der Türkei nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets im syrischen Grenzgebiet und wegen ihrer unterschiedlichen Positionen über die Rolle von Syriens Machthaber Baschar al-Assad zerrüttet, beide Staaten haben sich dann allerdings schnell ausgesöhnt. Eine Reihe von Sanktionen wurde aufgehoben.

Auch die türkischen Beziehungen zu den USA sind wegen deren Unterstützung von Kurden-Kämpfern in Syrien extrem angespannt. Sowohl Russland als auch die Türkei sind wegen ihrer Fehden mit der EU auf der Suche nach neuen Partnern. Die Debatte über einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche dürfte Ankara bestärken. Präsident Erdoğan hatte betont, enger mit Moskau kooperieren zu wollen. Für Moskau wiederum gehört die Stärkung der Rüstungsexporte zu den wichtigsten wirtschaftlichen Zielen.

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