Der erste Wochentag von Kristina Schröder sah so aus: Besuch der CDU-Landtagsfraktion in Erfurt. Dort Eröffnung des Forums Familie und Beruf, die Familienministerin spricht zum Thema "Familie zuerst". Danach: Diskussion. Später: Schröder besichtigt die Kita Regenbogenland. Davor und dazwischen: Sondieren der Nachrichtenlage, Beratungen, Koordination mit dem Büro.
Ein normaler Tag im Leben eines Ministers, einer Ministerin. Das ist zu schaffen, auch mit Kind. An Schröders Tochter allein kann es nicht liegen, dass der Ministerin nachgesagt wird, ihr sei der Spagat zwischen Mutter- und Ministerin-Sein zu anstrengend.
Der Fall Schröder ist kein Beweis dafür, dass Kinder und Führungspositionen nicht zu vereinbaren sind. Der Fall offenbart intrigantes Verhalten der eigenen Parteifeinde - und ist zugleich ein Beispiel dafür, wie man es sich durch instinktloses Verhalten rundherum verscherzen kann.
In Umfragen geben Frauen in Spitzenpositionen übereinstimmend an, was sie am meisten nervt: Wenn sie gefragt werden, wie sie denn das gleichzeitig mit den Kindern schaukelten. Männer hören die Frage nie.
Da ist es nur scheinheilig, dass Herrschaften aus der hessischen CDU das Gerücht schüren, Schröders "Familiensituation" stünde einer weiteren Kabinettskarriere entgegen. In Wahrheit bedient man sich eines dumpfen, aber eingängigen Arguments, um die im eigenen Landesverband wenig gelittene Politikerin abzuservieren.
Was fehlt: eine Haltung
Es ist klar, was man als Mutter mit kleinem Kind kaum schaffen kann: tagsüber in Berlin regieren und abends in Wiesbaden auf Parteitreffen herumhängen, um Intrigen zu erahnen und darauf zu reagieren. Das macht niemandem Spaß, ist aber leider Teil des Politikbetriebs. Fraglich ist nur, ob Schröder auch ohne Familiensituation die nötige Sensibilität für diese Parteispielchen aufgebracht hätte.
Denn auch in ihrer Familienpolitik lässt sie jegliches Gespür für Feinheiten vermissen. Sie trat jung und als moderne Frau an, sie ist die erste Bundesministerin, die im Amt Mutter wurde. Sie hätte damit zu einem Vorbild für Frauen werden können; darauf hatten viele gebaut. Doch sie verweigerte sich, beharrte darauf, nur ein Beispiel von vielen zu sein.
Zwar weist Schröder zu Recht darauf hin, dass sich ja auch der Gesundheitsminister nicht fragen lassen muss, wann er zuletzt bei der Prostata-Vorsorge war. Aber eine Haltung hätte sie zeigen können, ein entspanntes Signal auf dem emotionalen Feld der Familienpolitik.
Als Ministerin blickt sie auf eine Liste der Misserfolge: Die Großelternzeit kommt nicht, die Familienpflegezeit ist ein Flop, die Umsetzung der Betreuungsquote fraglich. So schwach agierte sie zuletzt in der Quoten-Debatte, dass die Dax-Konzerne gerne darauf verzichten, ihren Bericht zu Frauen in Führungspositionen gemeinsam mit Schröder vorzustellen. Auch die Wähler mögen sie nicht: Nur 29 Prozent meinen, sie sollte in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Verständlich, dass Politik so keinen Spaß macht. Eine Pause tut allen gut.