SPD-Chef Gabriel hat unterdessen die Kritik aus der Union am zurückgetretenen Verteidigungsminister gelobt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe so getan, als sei es für ein politisches Amt ohne Bedeutung, wenn ein Minister für seine Doktorarbeit geistiges Eigentum stehle, sagte Gabriel der Passauer Neuen Presse. Man müsse sich bei den CDU-Politikern bedanken, die nicht zugelassen hätten, dass dieses unwürdige Spiel weitergeht. Politiker wie Kurt Biedenkopf, Wolfgang Böhmer oder Annette Schavan hatten Guttenberg zuletzt öffentlich kritisiert.
Rücktritt von allen politischen Ämtern: Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU)
(Foto: dpa)Gabriel sagte, die Kanzlerin habe den eigentlichen Schaden angerichtet. "Angela Merkel hat den Eindruck erweckt, dass Regierungsmitglieder über Recht und Gesetz stehen", sagte er. Es gebe eine Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit und Geradlinigkeit in der Politik. Viele hätten diese Sehnsucht auf Guttenberg projiziert. "Sie alle hat er enttäuscht, weil er offensichtlich gelogen hat und noch nicht einmal den Mut hatte, das wirklich einzugestehen", sagte Gabriel.
Der SPD-Chef forderte eine schnelle Entscheidung über die Nachfolge Guttenbergs: "Wir brauchen einen Verteidigungsminister, der Solidität und Gründlichkeit vor Schnelligkeit stellt." Außerdem müsse die Bundeswehrreform vorübergehend ausgesetzt werden, bis die entscheidenden Fragen geklärt seien. Guttenberg habe sie begonnen, ohne zu wissen, wie er den Nachwuchs gewinnen könne, wie die Reform finanziert werden und wie die künftigen Strukturen aussehen sollen.
"Jeder eine zweite Chance verdient"
In der Union mehren sich unterdessen die Stimmen, die auf eine baldige Rückkehr des gefallenen Polit-Stars setzen. "In einer offenen Gesellschaft hat jeder eine zweite Chance verdient", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer (CDU), dem Handelsblatt online. Guttenberg habe in kurzer Zeit zwei Ministerien überaus erfolgreich geführt und dabei große Verdienste erreicht.
"So viele talentierte Politiker hat die politische Klasse in Deutschland nicht, als dass man auf Guttenberg verzichten könnte", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, der Mitteldeutschen Zeitung. Er hoffe, dass Guttenberg der Union als Politiker erhalten bleibe und seine Rückkehr so bald wie möglich stattfinden könne. Schließlich gäbe es Fälle, in denen bei Politikern sehr viel mehr kriminelle Energie vorhanden gewesen sei als bei Guttenberg und die auch zurückgekehrt seien, argumentierte der CSU-Politiker.
Nach Einschätzung des Parteienforschers Gerd Langguth dürfte Guttenberg gestärkt aus der Plagiatsaffäre hervorgehen und könnte sich damit zu einem ernsthaften Konkurrenten für CSU-Chef Horst Seehofer entwickeln. "Sein Rücktritt ermöglicht ihm ein Comeback", sagte Langguth dem Handelsblatt online.
Der Experte hält eine Wiederkehr Guttenbergs als CSU-Chef oder bayerischer Ministerpräsident für nicht unwahrscheinlich. Er brauche irgendwann ein neues, ihm eigene Autorität verleihendes Amt. "Zunächst ist aber ein Bußgang angesagt, dem sicherlich ein Hochamt folgen wird", erklärte Langguth.