Rücktritt von Diana Golze:Die Linke verliert eine Hoffnungsträgerin

Diana Golze Rücktritt Brandenburg Gesundheitsministerin

In der Linken gilt Diana Golze als großes politisches Talent.

(Foto: dpa)

In Brandenburg überzeugte Diana Golze bislang durch klare Haltung und schnörkellosen Stil. Wegen dieser Haltung tritt die Linken-Politikerin nun zurück.

Von Jens Schneider, Berlin

Als der Druck immer größer wurde, setzte Diana Golze auf das, was politische Freunde und Gegner oft als ihr besonderes Merkmal beschrieben. Sie wollte Haltung zeigen. Die Gesundheitsministerin von Brandenburg versprach, persönlich einzustehen für die Aufklärung der Affäre um Krebsmedikamente, die nie zum Einsatz hätten kommen dürfen. Um ihr Versprechen zu kommunizieren, ließ Golze Anfang August von ihrem Ministerium eine Videobotschaft ins Netz stellen. Da stand sie auf einer Wiese und erklärte mit großem Ernst ihr Handeln. Es sei kein böser Wille, dass die Aufklärung so lange dauere. Sie brauche Zeit. "Was wir wissen müssen ist: Was ist da eigentlich passiert?"

Darüber weiß die Öffentlichkeit seit diesem Dienstag zumindest ein wenig mehr. Der Bericht einer von Golze eingesetzten Task Force zum Medikamentenskandal ist fertig. Er ist für ihr Ministerium so niederschmetternd, dass die 43-Jährige noch vor der Veröffentlichung ihren Rücktritt einreichte. Die Task Force stellte "strukturelle und organisatorische Mängel fest, für die letzten Endes die Ministerin die politische Verantwortung zu tragen hat", sagte Golze.

Damit vollzog das bei Weitem größte politische Talent der Linkspartei in Brandenburg nach Wochen des Dauerdrucks einen Schritt, der in Potsdam im Umfeld der rot-roten Landesregierung längst als unabwendbar galt. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) war bereits auf Distanz gegangen. Zuletzt wirkte Golze bei Auftritten im Landtag, als ob die Last der Affäre sie zu erdrücken drohte.

Mitte Juli hatte der Rundfunk Berlin-Brandenburg rbb erstmals berichtet, dass ein Brandenburger Unternehmen in Griechenland gestohlene Krebsmedikamente an Apotheken in mehreren Bundesländern geliefert haben soll. Der Handel brachte dem Unternehmen Millionen. Schon 2016 gab es erste Hinweise, die Aufsicht griff nicht ein. Bis heute ist unklar, ob die Medikamente, die krebskranke Patienten erhielten, unwirksam waren.

Die Linke hat kaum Alternativen zu Golze

Golze redete den Skandal nicht klein. Aber die Versäumnisse im Ministerium waren zu gravierend. So stieß sie mit jenem unspektakulären Stil an ihre Grenzen, der ihr bisher im Land viel Achtung eingebracht hatte. 1975 in Schwedt an der Oder geboren, hatte sie sich schon als 14-Jährige im Schülerrat engagiert und schloss sich bald den "Jungen Genossen" der PDS an. Sie studierte in Berlin Sozialpädagogik und wurde mit 22 Jahren in den Landesvorstand der PDS in Brandenburg gewählt. Das politische Geschäft lernte Golze als Wahlkreismitarbeiterin von einflussreichen Landtagsabgeordneten, die ihr politisches Talent förderten.

Gerade 30 Jahre alt, wurde sie 2005 in den Bundestag gewählt. Neun Jahre lang kümmerte sie sich um Sozialpolitik. Als wichtigstes Anliegen nennt sie den Kampf gegen Kinderarmut. Im November 2014 sah ihre Partei in ihr die ideale Besetzung für das Amt der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Die Linkspartei war im Regierungsbündnis mit der seit Jahren dominanten SPD blass geblieben. Golze sollte ihr wieder mehr Profil verleihen.

Zu Beginn dieses Jahres übernahm sie gemeinsam mit der Parteifreundin Anja Mayer auch den Landesvorsitz. Es galt als sicher, dass die Ministerin auch Spitzenkandidatin der Linken bei der Landtagswahl 2019 würde. Zu diesem Zeitpunkt kämpfte sie sich gerade nach einer schweren Verletzung zurück in den Alltag. Im Sommerurlaub mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Norditalien war bei einem Sturm ein schwerer Baum auf einem Campingplatz auf ihr Zelt gestürzt. Golze brachte Monate in Kliniken zu, bevor sie ins Ministerium zurückkehren konnte.

Ihre Partei sucht nun einen Ersatz für den Ministerposten. Offen ließ sie am Dienstag, ob Golze auch weiter die Partei führen soll. Die Linke hat kaum Alternativen, aber die wochenlange Affäre hat ihre einstige Hoffnungsträgerin arg beschädigt.

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