Rückendeckung für Steinbrück:Kraft wirft Koalition "geheuchelte Empörung" vor

In der Debatte um die Nebeneinkünfte von Peer Steinbrück schart sich die SPD-Spitze um ihren Kanzlerkandidaten. Parteivize Hannelore Kraft verurteilt das Verhalten von Schwarz-Gelb als "mehr als peinlich". Auch Steinbrück selbst wehrt sich.

Nico Fried, Detlef Esslinger und Bernd Dörries

Stärker als bisher schart sich die SPD-Führung im Streit um Vortragshonorare um ihren Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Erstmals ist ihm nun auch die stellvertretende Parteichefin Hannelore Kraft beigesprungen.

Parteitag der NRW-SPD

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Kraft (hier auf dem Parteitag der NRW-SPD in Münster) stellt sich hinter Peer Steinbrück.

(Foto: dpa)

Kraft, die als Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen besonders großen Einfluss in der SPD hat, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Peer Steinbrück hat seine Einkünfte für Reden und Vorträge nach den Regeln des Bundestages völlig korrekt angezeigt." Wer Steinbrück jetzt unterstelle, "er rede anderen nach dem Mund, kennt ihn nicht", sagte Kraft. Sie sprach von "geheuchelter Empörung" aus den Reihen von Union und FDP, die "mehr als peinlich" sei. Kraft schloss daraus: "Die Angst vor dem SPD-Kandidaten muss wahrlich groß sein."

Bislang hatte sich aus der SPD-Spitze nur Parteichef Sigmar Gabriel deutlich vernehmbar hinter Steinbrück gestellt. Am Wochenende nahm ihn neben Kraft auch Generalsekretärin Andrea Nahles in Schutz. Steinbrück lege seine "Nebentätigkeiten jetzt weit mehr offen, als es die geltenden Regeln des deutschen Bundestages verlangen", sagte sie der Bild am Sonntag. Nahles bezog sich damit auf eine Ankündigung des Kanzlerkandidaten vom vergangenen Freitag. Demnach will Steinbrück innerhalb von drei Wochen alle Auftraggeber, Orte und Themen seiner Vorträge bekannt geben und das durchschnittliche Honorar für seine Auftritte veröffentlichen.

Die Union erhielt den Druck auf Steinbrück aufrecht. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte den SPD-Kandidaten in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung scharf: "Dass ausgerechnet Herr Steinbrück sich jetzt zum Transparenz-Helden aufschwingen möchte, hat schon eine besondere Komik. Da ruft jemand laut nach der Kehrmaschine, anstatt vor der eigenen Tür zu kehren."

Steinbrück selbst wies auch am Wochenende den Vorwurf einer zu großen Nähe zur Finanzindustrie als "absurd" und "dämlich" zurück. Er habe sich bei der Offenlegung seiner Nebentätigkeiten "lupenrein" verhalten. Er bekräftigte zwar seine Forderung nach einer weiteren Verschärfung der Transparenzrichtlinien für Parlamentarier, lehnte die Idee eines "gläsernen Abgeordneten" aber ab. "Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt."

In seinen Vorträgen bei Firmen, Banken und Anwaltskanzleien habe er sich zudem für Regulierung und gegen Steuerhinterziehung eingesetzt. "Ich rede in diesen Sälen nicht anders, als ich öffentlich rede." Seine Zuhörer könnten bestätigen, dass er "alles andere als ein Knecht des Kapitals" gewesen sei, sagte Steinbrück.

Der Spiegel berichtet unterdessen, in der Zeit Steinbrücks als Finanzminister habe 2007 eine Lobbyorganisation namens Initiative Finanzstandort Deutschland das Konzept für eine halbstaatliche Beratungsfirma erarbeitet. Die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer habe dazu ein Rechtsgutachten geliefert. Nach seiner Ministerzeit sei Steinbrück dann bei der Kanzlei und beteiligten Instituten gegen Honorare von mindestens 7000 Euro aufgetreten.

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