AfrikaRuanda verhandelt mit den USA über Migrationsabkommen

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Die Gespräche seien noch in einer frühen Phase, sagt Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe, hier mit US-Außenminister Marco Rubio in Washington.
Die Gespräche seien noch in einer frühen Phase, sagt Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe, hier mit US-Außenminister Marco Rubio in Washington. (Foto: JIM WATSON/AFP)

Der ostafrikanische Staat hatte sich vor Jahren bereiterklärt, gegen Bezahlung von Großbritannien Asylsuchende aufzunehmen. Doch dieser Deal scheiterte. Nun gibt es einen neuen Anlauf – mit Donald Trump.

Von Paul Munzinger, Kapstadt

Über viele Jahre haben die USA vergeblich versucht, den Iraker Omar Ameen abzuschieben. Im März ist es dann doch passiert. 2014 hatte Ameen Asyl in den USA erhalten, wurde aber von der irakischen Regierung später beschuldigt, für die Terrormiliz IS gearbeitet und einen Polizisten ermordet zu haben. Ameen bestritt die Vorwürfe. Seine Anwälte warnten, im Irak drohe ihm die Todesstrafe. Ein Gericht gab Ameen 2018 recht. Nun wurde er dennoch außer Landes gebracht, heimlich, still und leise. Aber nicht in den Irak. Sondern nach Ruanda.

Omar Ameen ist nicht der erste ausländische Staatsbürger, der von der neuen US-Regierung in ein Land deportiert wurde, in dem er nicht geboren wurde. Mitte März etwa landeten 238 Venezolaner ohne Vorwarnung in einem berüchtigten Gefängnis in El Salvador. Doch Ameen ist der erste, der in der zweiten Amtszeit Donald Trumps aus den USA nach Ruanda abgeschoben wurde – in jenes ostafrikanische Land also, das einst bereits mit Großbritannien einen viel diskutierten und schließlich gescheiterten Flüchtlingsdeal abgeschlossen hatte. Und wie es aussieht, könnten ihm weitere bald folgen.

Ruandas Außenminister Olivier Nduhungirehe bestätigte am Wochenende, dass seine Regierung mit Washington Gespräche über die Aufnahme von Migranten aus Drittstaaten führe. Die Verhandlungen befänden sich noch in einem frühen Stadium, sagte der Minister, ihr Ausgang sei offen. Das US-Außenministerium kommentierte die Gespräche nicht. Eine Anfrage der New York Times beantwortete es lediglich mit dem Hinweis, dass „eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit ausländischen Regierungen“ entscheidend sei, „um illegale und massenhafte Migration zu verhindern und unsere Grenzen zu sichern“.

„Je weiter weg von Amerika, desto besser.“

US-Außenminister Marco Rubio hatte es kürzlich etwas deutlicher ausgedrückt. Man sei aktiv auf der Suche nach Ländern, sagte er, die den USA „einige der verabscheuungswürdigsten Menschen“ abzunehmen bereit seien. „Je weiter weg von Amerika, desto besser.“

Ruanda hat sich seit dem Ende des Völkermords 1994 zu einem vergleichsweise sicheren, gut organisierten und wirtschaftlich aufstrebenden Land entwickelt. Und zu einem bevorzugten Partner Europas und der USA in Afrika, trotz der Kritik am autoritären Regierungsstil des Dauerpräsidenten Paul Kagame. Doch diese Rolle hat Ruanda zuletzt eingebüßt, zumindest in Europa. In Kongo, seinem Nachbarland, unterstützt Kagame nach Überzeugung der Vereinten Nationen die Rebellengruppe M23, die den Osten des Landes seit 2021 mit Krieg überzogen und Hunderttausende vertrieben hat. Deutschland schränkte daraufhin Anfang März die Entwicklungshilfe für Ruanda ein, Belgien warf der Regierung in Kigali „neokoloniale Wahnvorstellungen“ vor.

Mit der Trump-Regierung befindet sich Ruanda dagegen auf einem Kurs der Annäherung. US-Außenminister Rubio empfing vorvergangene Woche seine Amtskollegen aus Kongo und Ruanda in Washington, um den Auftakt eines Friedensprozesses zu besiegeln. Wie Kongo hofft auch Ruanda auf einen Rohstoffdeal mit den USA, der Washington Zugang zu wichtigen Mineralien und den beiden afrikanischen Staaten Wachstum bescheren soll. Rubio sprach von einem „Win-Win für alle Beteiligten“. Daran arbeiten die USA und Ruanda nun offenbar auch beim Thema Migration.

Das Land bietet sich als Auffanglager an für andernorts Unerwünschte – gegen Bezahlung

Ruanda ist etwas kleiner als Brandenburg, hat aber mehr als fünfmal so viele Einwohner. Damit ist es eines der kleinsten Länder, aber zugleich das am dichtesten besiedelte Land auf dem afrikanischen Festland. Dennoch bietet ausgerechnet Ruanda sich seit Jahren gegen Bezahlung als Auffanglager für Migranten an, die andernorts keinen Platz haben oder nicht erwünscht sind. Vermittelt von der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR leben aktuell etwa mehr als 100 libysche Flüchtlinge in Ruanda.

Das bekannteste und kontroverseste Abkommen dieser Art schloss Ruanda 2022 mit Großbritannien. Es sah vor, dass illegal eingereiste Asylbewerber aus dem Vereinigten Königreich nach Ruanda geflogen werden, wo ihr Antrag bearbeitet wird und wo sie im Fall einer Bewilligung bleiben können. Die damals noch konservative britische Regierung erhoffte sich eine abschreckende Wirkung und einen Rückgang der Migration über den Ärmelkanal. „Stop the boats“, lautete ihr Slogan, „Stoppt die Boote“. Doch dass Ruanda wirklich ein sicherer Hafen für Migranten ist, bezweifelten viele Kritiker in Großbritannien. Das Abkommen stieß auf großen Widerstand und beschäftigte über zwei Jahre mehrere Gerichte. Die Labour-Partei beendete es schließlich nach ihrem Wahlsieg im Sommer 2024.

Nun könnte es eine Neuauflage geben – mit Donald Trump. Doch womöglich unter anderen Vorzeichen. Wie der US-Sender CNN berichtet, soll Ruanda nach dem Wunsch der US-Regierung nur eine bestimmte Gruppe von Migranten aufnehmen: verurteilte Straftäter, die ihre Haft in den USA bereits abgesessen haben.

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