Rostock:Erster Oberbürgermeister ohne deutschen Pass

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Claus Ruhe Madsen, der neue Bürgermeister von Rostock. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Claus Ruhe Madsen reicht ein EU-Pass, um die Stadt an der Ostsee zu regieren.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Trifft man Rostocks künftigen Oberbürgermeister, so denkt man zunächst an einen Großstadthipster, den grauen Rauschebart hat sich Claus Ruhe Madsen hartnäckig wachsen lassen. Sein vollbärtiges Gesicht mit Tolle und Brille war monatelang auch als Logo auf seiner Website und auf T-Shirts zu sehen, Motto "Rostock bewegen". Aber vor allem ist der Großstadthipster natürlich Unternehmer, und unverwechselbar macht ihn außer seiner Imagekampagne besonders dies: Claus Ruhe Madsen aus Dänemark wird nun der erste deutsche Großstadtoberbürgermeister ohne deutschen Pass.

Am Sonntag gewann der Däne die Stichwahl mit 57,1 Prozent der Stimmen, 43 340 Wählerinnen und Wähler machten bei ihm ihr Kreuz. So bezwang er seinen Rivalen Steffen Bockhahn von den Linken, im ersten Wahlgang hatten beide die Mehrheit verpasst. Madsen gehört keiner Partei an, aber er wurde unterstützt von der CDU und der FDP. Er beerbt in der Hansestadt mit ihren 208 000 Einwohnern Roland Methling, der 14 Jahre lang regiert hatte, zuletzt für ein Wählerbündnis, und aus Altersgründen nicht mehr antreten durfte.

Claus Ruhe Madsen kam 1972 in Kopenhagen zur Welt, wuchs dann auf der anderen Landesseite an der Nordsee auf, arbeitete vor dem Abitur auf einem Fischkutter und ging nach dem Abitur mit 3000 Kronen in der Tasche als Möbelverkäufer ins Ruhrgebiet. 1998 zog Madsen nach Rostock weiter, seiner Heimat wieder recht nahe, und machte sein eigenes Möbelhaus auf: "Möbel Wikinger". Seither hat er sein Imperium vergrößert, und 2013 wurde der Geschäftsmann und Radsportfreund außerdem Präsident der Rostocker Industrie- und Handelskammer.

Deutscher wollte er bisher nicht werden, wozu auch. Er sei Rostocker und Europäer, sagt er. Ein EU-Pass genügt, um in Deutschland Bürgermeister zu sein - da hat es Madsen leichter als der Schotte Ian McNab, der im Dorf Brunsmark in Schleswig-Holstein nur noch so lange im Amt sein darf, bis der Brexit kommt. Madsens Pläne für das Rathaus reichen von Stadtteilentwicklung über Digitalisierung bis zu Umweltschutz. Erster Ausländer an der Spitze einer deutschen Großstadt: Er könne in die Geschichtsbücher eingehen, sprach Rostocks Skandinavier vor Monaten in seinem Büro. Er hat es geschafft.

© SZ vom 18.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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