Nach zwei Amtszeiten:Streitbarer Köppel verlässt die Politik

Nach zwei Amtszeiten: Roger Köppel ist seit 2015 Abgeordneter der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) im Nationalrat.

Roger Köppel ist seit 2015 Abgeordneter der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) im Nationalrat.

(Foto: imago stock&people/imago/Stefan Zeitz)

Roger Köppel, Verleger und Chefredakteur der schweizerischen "Weltwoche", tritt bei den Parlamentswahlen im Herbst nicht mehr für die rechte SVP an. Die verliert damit einen ihrer schillerndsten Köpfe.

Von Isabel Pfaff, Bern

Roger Köppel ist auf dem Sprung. "Ich muss auf den Zug nach Zürich", brummt er an einem Nachmittag in der Wandelhalle des Schweizer Parlaments, als man ihn um ein kurzes Gespräch bittet, in der Hand eine Aktentasche, überm Arm den Mantel. Er nimmt die Visitenkarte, verspricht demnächst ein Treffen, dann rauscht er ab.

Der Journalist Köppel ist zwar seit 2015 Abgeordneter der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) im Nationalrat. Doch richtig heimisch, so wirkt es bis heute, ist der 57-Jährige im Bundeshaus in Bern nicht geworden. Er fehlt oft, schon zwei Mal hat ihn das Boulevardblatt Blick zum "Absenzenkönig" im Nationalrat gekürt. Er sei "ein hoch engagierter Unternehmer einer erfolgreichen Firma" und eben kein reiner Berufspolitiker, rechtfertigte sich Köppel, der im Hauptberuf Verleger und Chefredakteur der Weltwoche ist. Das einst eher linksliberale Magazin hat sich unter seiner Führung zum Sprachrohr der Schweizer Rechtspopulisten entwickelt.

Roger Köppel will sich auf seine publizistische Karriere konzentrieren

Nun findet Köppel offenbar auch selbst, dass sich seine beiden Jobs nicht gut vertragen. Am Freitag hat er bekannt gegeben, dass nach zwei Legislaturen Schluss sein soll mit dem politischen Amt: "Meine nationalrätliche Tätigkeit führe ich bis zu den Wahlen im Herbst ordnungsgemäß weiter", schreibt er in einer Mitteilung. Danach wolle er aber "Platz für neue Kräfte aus dem Kanton Zürich" machen.

Die Weltwoche habe sich in den letzten Jahren erfreulich entwickelt, jetzt erfordere die Weiterentwicklung seines Unternehmens aber seine volle Aufmerksamkeit. Auch wolle er mögliche Interessenkonflikte zwischen der zusehends internationalen Ausrichtung der Weltwoche und seiner politischen Tätigkeit vermeiden.

Tatsächlich hat Köppels Doppelrolle das politische System in der Schweiz immer wieder strapaziert - und das, obwohl Politik dort idealerweise ein Nebengeschäft ist, eine Art Bürgerpflicht, die möglichst viele Schweizerinnen und Schweizer irgendwann in ihrem Leben einmal ausüben sollen. Im Berner Bundeshaus sitzen deshalb aktive Anwältinnen, Bauern, Unternehmerinnen und Banker; Milizsystem nennt sich das. Journalisten wie Köppel sind zwar seltener, aber durchaus möglich.

Trotzdem lief Köppels Zeit im Parlament alles andere als störungsfrei ab. Das wohl deutlichste Zeichen dafür, dass er sich nicht sehr darum bemühte, seine zwei Funktionen auseinanderzuhalten, war die Sache mit der Uhren-Razzia: Köppel wurde vergangenes Jahr der Amtsgeheimnisverletzung verdächtigt, weil er eine vertrauliche Information aus der Außenpolitischen Kommission des Nationalrats in seinem Videoformat "Weltwoche Daily" publik gemacht hatte, in der es um eine Razzia bei einem Schweizer Uhrenhersteller in Moskau ging. Köppel verteidigte sich, er habe die Information anderweitig als Journalist erhalten. Letztlich durfte er seine Immunität behalten, nicht einmal Disziplinarmaßnahmen verhängte das Nationalratsbüro - ein Sieg für den umtriebigen Polit-Publizisten.

Als Rhetoriker bewundert, als Putin-Versteher kritisiert

Die SVP, der Köppel erst 2015 beitrat, bedauert offiziell die Rücktrittsankündigung ihres prominenten Mitglieds. "Das Parlament verliert eine kompetente und unbequeme Stimme", sagte Parteipräsident Marco Chiesa dem Blick. Köppels Kantonalpartei nimmt seinen Entscheid ebenfalls "mit Bedauern" zur Kenntnis und lobt ihn als kreativen Kopf in der SVP-Fraktion und "großartigen Wahlkämpfer".

Tatsächlich kann Köppel mobilisieren. Er wurde 2015 mit den meisten Stimmen, die je ein Nationalrat erhalten hatte, ins Parlament gewählt, und auch 2019 lief ihm nur Parteikollege Albert Rösti den Rang ab, der inzwischen Mitglied der Schweizer Regierung ist. Mit seinem unbestrittenen rhetorischen Talent füllt Köppel nach wie vor Festsäle, und im Parlament loben ihn Parteikollegen für seine Redebeiträge, in denen er politische Themen auf den Punkt bringe wie wenig andere.

Doch Köppel ist in seiner Partei auch umstritten. Im Parlament hat er, abgesehen von einigen Auftritten als wortgewaltiger Redner, kaum Spuren hinterlassen. Lediglich neun Vorstöße hat er in den bald acht Jahren eingereicht, angenommen wurde keine seiner Ideen. Auf Widerspruch stieß er aber vor allem mit seiner Haltung zu Russland: Keiner aus der SVP hat sich im vergangenen Jahr so deutlich als Putin-Versteher zu erkennen gegeben wie Köppel. Zwar zeigen Umfragen, dass die SVP-Basis mehr Verständnis aufbringt für Russland als alle anderen Parteien. Doch Köppels moskaufreundlicher Kurs, prominent platziert in der Weltwoche, habe die Partei Unterstützer gekostet, finden mehrere führende SVP-Politiker.

Bleibt die Frage, ob Köppels Abgang als Nationalrat da Abhilfe schaffen kann. Seine Äußerungen dürften weiterhin als parteinah aufgefasst werden. Denn, wie es in der Mitteilung der Zürcher SVP heißt: "Als liberaler Freidenker bleibt Roger Köppel der Politik und auch der SVP erhalten."

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