Röslers Rassismus-Vorwürfe an die SPD:Einfach mal schweigen

Pressestatement Rösler

FDP-Chef Rösler macht die SPD für rassistische Anfeindungen verantwortlich.

(Foto: dpa)

FDP-Chef Philipp Rösler hat mit tumbem Alltagsrassismus zu kämpfen. Sich dagegen zu wehren, ist sein gutes Recht. Dass er allerdings nun die SPD für die Anfeindungen verantwortlich macht, ist unredlich. Immerhin hat er sogar in der eigenen Partei mit seltsamen Zweideutigkeiten zu kämpfen.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Schweigen ist eine Kunst, die nur wenige Politiker beherrschen. Philipp Rösler, Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, Bundeswirtschaftsminister und Vorsitzender der Freien Demokratischen Partei, gehört jedenfalls nicht dazu. Keine Frage, Rösler hat einiges an Anfeindungen zu ertragen, die mit seinen politischen Überzeugungen nichts zu tun haben und die auch sonst durch nichts zu rechtfertigen sind. Seine vietnamesische Herkunft macht ihn zur Zielscheibe tumber Zeitgenossen, die ihn mit herabwürdigenden Angriffen zu treffen versuchen.

In diese Kategorie gehört auch ein inzwischen gelöschter Facebook-Eintrag von Rolf Kleine, seit kurzem Sprecher von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Kleine hatte das Bild eines greisen vietnamesischen Generals gepostet und darunter geschrieben, die FDP sei wieder da. Geschmacklos, ohne Zweifel. Das muss alles nicht sein. Zumal nicht in der politischen Auseinandersetzung.

Rösler hat dazu stets geschwiegen. Das war klug. Er zeigte Stärke, die Pfeile prallten an ihm ab. Jetzt aber verlor er in einem Interview mit Focus Online die Nerven. An den rassistischen Ausfällen gegen ihn sei die SPD Schuld, schwadroniert er da vor sich hin. Lässt handfeste Belege dafür aber missen. Auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen habe ein SPD-Mitglied ihn als "Vaterlandsverräter" beschimpft, sagt Rösler. Kein schöner Vorwurf. Nur: Rassismus ist das nicht. SPD-Mitglieder hören den Vorwurf fast täglich an ihren Infoständen.

Seltsame Äußerungen in der eigenen Partei

Rösler berichtet auch von einem in der Tat völlig geschmack- und pietätlosen Kommentar unter einem Bild Röslers, in dem der Autor Rösler das rechtsextreme Terror-Trio NSU an den Hals wünschte. Nur: Die SPD war das nicht. Ein verirrter Grüner hatte den Satz gepostet. Der Mann hat sich inzwischen mehrfach entschuldigt.

Röslers Dünnhäutigkeit gipfelt darin, dass er eine Foto-Kampagne der SPD erwähnt, in der er als derjenige gebrandmarkt worden ist, der für eine Lohnuntergrenze von vier Euro die Stunde sei. "Das führte zu einer ellenlangen Reihe von Leser-Reaktionen mit rassistischen Äußerungen", sagt Rösler. Nur: Von der SPD kommen diese nicht.

Es ist Röslers gutes Recht, sich gegen rassistische Äußerungen zu wehren. Klug wäre, er selbst würde dazu schweigen - und andere würden ihn verteidigen. Nun hat Rösler aber in der eigenen Partei zuweilen mit zumindest zweideutigen Äußerungen zu kämpfen. FDP-Spitzenmann Rainer Brüderle sagte mal diesen Satz: "Glaubwürdigkeit gewinnt man, indem man nicht wie Bambusrohre hin und her schwingt, sondern steht wie eine Eiche. Deswegen ist die Eiche hier heimisch und nicht das Bambusrohr."

Vom hessischen FDP-Landechef Jörg-Uwe Hahn ist dieser Satz überliefert: "Bei Philipp Rösler würde ich allerdings gerne wissen, ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren."

Weder Brüderle noch Hahn sind Rassisten. Und Rösler wird das wohl auch nicht so verstanden haben. Vor diesem Hintergrund aber der SPD einen solchen Generalvorwurf zu machen, ist alles andere als redlich. Die Behauptung, die Politik der FDP sei Schuld am Untergang der Welt, hätte ähnlichen Tiefgang. Rösler hätte mit den Anwürfen genauso umgehen müssen wie mit den Sätzen von Brüderle und Hahn: schlicht schweigen.

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