Vorsichtiges Aufatmen bei den Grünen: Robert Habeck hat seine Zustimmung zu Waffenlieferungen an die Ukraine zurechtgerückt. Nachdem der Grünenchef sich am Dienstag offen für Waffenlieferungen an die Ukraine gezeigt hatte und damit auf Kritik gestoßen war, präzisierte er seine Forderung am Mittwoch.
"Die Ukraine fühlt sich sicherheitspolitisch allein gelassen. Und sie ist alleingelassen", sagte Habeck dem Deutschlandfunk. Russland habe die Krim besetzt, in Deutschland forderten manche die Aufhebung der deshalb verhängten Sanktionen gegen Russland. Im Osten der Ukraine werde weiter scharf auf ukrainische Soldaten geschossen.
"Deutschland liefert keine Medivacs, keine Nachtsichtgeräte, keine Kampfmittelbeseitigung. Und das habe ich mal klargestellt", sagte Habeck. "Irgendwas muss man ja tun, um seine Worte nicht wie Hohn klingen zu lassen."
Habeck ist noch bis Donnerstag in der Ukraine unterwegs, wo die Grünen seit dem Konflikt um die Krim und den Tagen der Demokratiebewegung als Unterstützer gelten. Habeck, ausgerüstet mit Stahlhelm und Sicherheitsweste, besuchte ein zerstörtes Dorf im Osten der Ukraine.
"Keine Waffen in Kriegsgebiete", mahnt Trittin
Zuvor hatte er Termine bei den Spitzen des Staates, traf Präsident Wolodymyr Selenskyj, den Ministerpräsidenten und den Außenminister. Letzterer hatte nach Habecks Aussage den Wunsch der Ukraine nach Unterstützung des Landes mit Waffen thematisiert. Nach den Gesprächen fragte der Deutschlandfunk, ob Habeck dieses Anliegen für berechtigt halte. Der Grünenchef bejahte: "Waffen zur Verteidigung, zur Selbstverteidigung kann man meiner Ansicht nach, Defensivwaffen, der Ukraine schwer verwehren", sagte er.
Was der Ausstrahlung des Interviews am Dienstagmorgen folgte, war nicht nur ätzende Kritik aus SPD und Linkspartei, die den Vorstoß für fahrlässig erklärten. Auch Habecks grüne Parteifreunde widersprachen. "Waffenexporte in die Ukraine würden unserem Grundsatz widersprechen, dass wir keine Waffen in Kriegsgebiete exportieren", sagte der grüne Außenpolitiker Jürgen Trittin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. In Europa sei man sich einig, dass der Konflikt in der Ukraine "nur politisch zu lösen ist und nicht militärisch". Waffenlieferungen könnten die Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens von Minsk untergraben. Im Übrigen könne jede Abwehrwaffe "auch offensiv genutzt werden".
Daraufhin legte Habeck nach, wieder im Deutschlandfunk. Er sprach jetzt nicht mehr über Unterstützung für die Ukraine durch "Waffen", sondern über "Nachtsichtgeräte, Aufklärungsmittel, Kampfmittelbeseitigung, Medivacs". Mit Blick auf Trittin ergänzte er: "Natürlich kann man, wenn man U-Boote zur Minenräumung hat, auch Minen legen. Aber einen Angriffskrieg wird man damit nicht führen können."
In den Gesprächen mit ukrainischen Spitzenpolitikern sei es aber nicht um Waffen gegangen, die zum Offensiveinsatz umgerüstet werden könnten, sondern um die "Anfrage der Ukraine, die die Bundesregierung abgelehnt hat", gepanzerte Fahrzeuge zum Verletztentransport bereitzustellen, "dass die Leute nicht verbluten".
Offizielle Bitte der Ukraine? Nicht bekannt
Bei der Bundesregierung allerdings scheint eine solche offizielle Bitte der ukrainischen Regierung bisher gar nicht eingegangen zu sein. "Mir wäre für das Auswärtige Amt nicht bekannt, dass eine solche Anfrage vorläge," sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Bundesregierung bleibe bei ihrer Auffassung, dass der Ukraine-Konflikt nur politisch gelöst werden könne. Grundvoraussetzung sei die vollständige Umsetzung der Vereinbarung von Minsk. Im Hinblick auf die Ukraine erteile man "keine Genehmigung für Kriegswaffen".
Die Grünen sind nun bemüht, den Konflikt in ruhigere Bahnen zu lenken. "Ich bin erleichtert, dass Robert Habeck das richtiggestellt hat", sagte die abrüstungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Katja Keul, der Süddeutschen Zeitung. Sie hatte Habeck zuvor kritisiert. Es sei richtig, dass die Bundesregierung keine Waffen in das Kriegsgebiet liefere, so Keul weiter. "Die Unterstützung der OSZE-Mission mit zivilen Aufklärungsdrohnen ist hingegen zentral für die Überwachung eines Waffenstillstandes." Auch gegen Minenräumgeräte, von denen Habeck jetzt spreche, habe sie "keine Einwände".