Großbritannien:Rishi Sunak malt die Zukunft in den schönsten Farben

Großbritannien: Beschwingt ins neue Jahr: Der britische Premierminister Rishi Sunak will die Inflation in diesem Jahr halbieren.

Beschwingt ins neue Jahr: Der britische Premierminister Rishi Sunak will die Inflation in diesem Jahr halbieren.

(Foto: Stefan Rousseau/dpa)

Draußen tobt die größte Streikwelle seit Jahrzehnten, doch der britische Premier versichert in seiner Neujahrsrede: Alles halb so schlimm, alles wird wieder gut. Nur findet er kaum echte Antworten.

Von Alexander Mühlauer, London

Wer gehofft hatte, Rishi Sunak würde in seiner Neujahrsrede eine klare Antwort auf die massiven Streiks in Großbritannien geben, wurde enttäuscht. Der britische Premierminister sagte bei seinem Auftritt am Mittwoch lediglich, dass die Regierung stets offen für Gespräche mit Gewerkschaften sei. Ansonsten betonte er, dass deren Lohnforderungen vernünftig und bezahlbar sein müssten. Was er darunter versteht, sagte er allerdings nicht.

Großbritannien erlebt in diesem Winter die größte Streikwelle seit den Achtzigerjahren. Krankenschwestern und Pfleger, Angestellte von Post und Bahn, Grenzschützer und Sanitäter sind in den Arbeitskampf gezogen. Sie fordern höhere Löhne, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Griff zu bekommen. Die Inflationsrate liegt in Großbritannien mittlerweile bei gut zehn Prozent.

Der Premier will illegale Migration bekämpfen

Sunak zeigte in seiner Rede zwar Verständnis für die Nöte der Menschen, zog es aber vor, eher erwartbare Versprechen zu machen. Er kündigte an, die Inflationsrate in diesem Jahr zu halbieren, das Wirtschaftswachstum zu steigern und die Staatsschulden zu senken. Mit diesen drei Versprechen geht Sunak auf Nummer sicher, denn genau das haben Ökonomen bereits prognostiziert.

Ein wenig anders steht es um die beiden weiteren Vorhaben, die der Premier nannte: Er wolle, so Sunak, die Wartelisten beim staatlichen Gesundheitsdienst NHS verringern und die Zahl illegaler Einwanderer reduzieren, die mit kleinen Booten versuchen, über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu kommen. Wie und wann er das erreichen will, sagte Sunak nicht. Er verwies nur recht allgemein auf neue Gesetze, die kommen könnten.

Sunak wirkte bei seiner 30-minütigen Rede wie ein Regierungschef, der die Zukunft seines Landes zwar in den schönsten Farben malen will, aber nicht genau weiß, wie das in der Realität gelingen soll. Er sprach von einem Großbritannien, das nicht nur eines der weltbesten Bildungssysteme, sondern auch eines der weltbesten Gesundheitssysteme haben soll. Er sprach von einem Großbritannien, das die ökonomischen Möglichkeiten des Brexits nutzen soll. Und er sprach von einem Großbritannien, in dem wieder Hoffnung und Zuversicht herrschen sollen.

Sunak verspricht: "Keine Tricks, keine Zweideutigkeiten"

2024 wird im Vereinigten Königreich ein neues Parlament gewählt. Bis dahin solle sich das Volk eine Meinung gebildet haben, ob die Regierung ihre Versprechen einlöse, sagte Sunak. "Entweder wir liefern oder wir liefern nicht", erklärte Sunak. Und versprach: "Keine Tricks, keine Zweideutigkeiten". Sunak ist erst seit Ende Oktober Premierminister und Vorsitzender der Konservativen Partei. Bislang ist es ihm nicht gelungen, den Rückstand seiner Tories auf die oppositionelle Labour Party entscheidend zu verringern. In den Meinungsumfragen liegen die Konservativen noch immer deutlich hinter Labour.

Ob es Sunak gelingt, das zu ändern, dürfte sich in diesem Jahr zeigen. Sein Aufritt am Mittwoch lässt allerdings vermuten, dass der Premier erst noch auf der Suche ist, wie er das genau anstellen will. Als er nach seiner Rede von Journalistinnen und Journalisten befragt wurde, wiederholte Sunak zumeist das, was er schon zuvor gesagt hatte. Er tat sich spürbar schwer damit, auf manche Fragen souverän zu antworten.

Als ihn etwa die Sky-News-Reporterin Beth Rigby daran erinnerte, dass man in Großbritannien derzeit nicht sicher sein könne, ob ein Rettungswagen bei einem medizinischen Notfall rechtzeitig komme, zeigte sich Sunak wenig empathisch. Und als Rigby daraufhin fragte, warum die Menschen nach 13 Jahren konservativer Regierungen ausgerechnet ihm abnehmen sollten, dass er es nun besser als seine Vorgänger mache, entgegnete Sunak lediglich, dass er stolz auf seine Leistungen als Finanzminister sei. Und dann sagte er noch, dass man sicher sein könne, dass die Prioritäten des Volkes seine Prioritäten seien.

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