Süddeutsche Zeitung

Ringstorff-Nachfolge:Ein Neuer gegen den DDR-Mief

Harald Ringstorff hat seine Landsleute nicht mit neuen Ideen oder aufrüttelnden Appellen verschreckt.

Arne Boecker

Dieser Wechsel läuft gegen den Trend. Als kürzlich Stanislaw Tillich in Sachsen Georg Milbradt aus dem Amt des Ministerpräsidenten drängte, lautete die Nachricht: Alle Ost-Regierungschefs stammen auch aus dem Osten. Jetzt wagt Mecklenburg-Vorpommern eine Rolle rückwärts. Auf den Ostdeutschen Harald Ringstorff soll der Westdeutsche Erwin Sellering folgen.

Es sind große Schuhe, in die Sellering schlüpfen will. Niemand verkörpert Mecklenburg-Vorpommern so gut wie Harald Ringstorff. Er war eine stille Kraft, bis zum Schluss blieb er dem hektischen Politbetrieb fremd, wie er außerhalb der Landesgrenzen herrscht.

Aus der Überlegung heraus, dass seine Landsleute seit 1990 genug Durcheinander erlitten haben, hat er sie nicht mit neuen Ideen oder gar aufrüttelnden Appellen verschreckt. Genau das ist es aber, was Mecklenburg-Vorpommern eigentlich bräuchte: Diskussionen, vielleicht sogar ein bisschen Streit.

Grundfragen, die auch die Demokratie betreffen, sind 18 Jahre nach der Wiedervereinigung noch ungeklärt. Ringstorff saß in vier von acht Jahren rot-roter Koalition ein Stellvertreter namens Wolfgang Methling (Linkspartei) zur Seite, der den Satz nicht über die Lippen brachte, dass die DDR eine Diktatur war. Mecklenburg-Vorpommern verdöst seine Zukunft. Weder Bürgertum noch Unternehmerschaft fühlen sich heimisch.

Der potentielle Ministerpräsident Sellering könnte einer sein, der den DDR-Mief wegbläst. Er darf dabei allerdings nicht zu forsch vorgehen. Sonst könnte es durchaus passieren, dass er nach der nächsten Landtagswahl als derjenige dasteht, der Mecklenburg-Vorpommern nach vorn gebracht, aber die Macht für die SPD verloren hat.

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SZ vom 7.8.2008/vw
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