In der AfD-Spitze gibt es Streit über den Umgang mit den Pegida-Demonstranten. Während ein Teil der Führung die Nähe zu den "Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlands" sucht, warnt der andere Teil vor einem Schulterschluss. Frauke Petry, eine der drei AfD-Vorsitzenden, hat für diesen Mittwoch die Organisatoren der Demonstrationen zu einem Gedankenaustausch eingeladen.
Das Treffen soll im sächsischen Landtag stattfinden, dort ist Petry Vorsitzende der AfD-Fraktion. Auch AfD-Vize Alexander Gauland sucht die Nähe zu Pegida. Er hat bereits an einer Demonstration teilgenommen, nach eigenen Angaben "als Beobachter". Außerdem hat er die Islamgegner vehement gegen die Kritik durch die Bundeskanzlerin verteidigt.
"Wenig Sympathie für diese Bewegung"
AfD-Ko-Chef Bernd Lucke und Partei-Vize Hans-Olaf Henkel gingen deshalb auf Distanz zu Petry und Gauland. Henkel sagte, es bestehe die Gefahr, dass seine Partei ins ultrakonservative Lager abrutsche. Er fordere die AfD deshalb auf, von Pegida "Abstand zu bewahren". Seine Partei dürfe den Demonstranten nicht "nachlaufen", sagte Henkel der Berliner Zeitung. Er habe "wenig Sympathie für diese Bewegung" und wisse gar nicht, "was die wollen".
Man könne Hamburger sein und Deutscher, "aber ein patriotischer Europäer - was soll das denn sein?" Henkel sitzt für die AfD im Europaparlament, früher war er Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Auch Lucke wandte sich gegen einen Schulterschluss mit Pegida, allerdings nicht ganz so deutlich wie Henkel. Für die AfD sei "Fremdenfeindlichkeit nicht akzeptabel", sagte Lucke. Zum Abendland gehörten "religiöse und politische Toleranz".
Führungsstreit in der AfD:Jetzt wird es persönlich
"Sie sind total von der Rolle" - im Führungsstreit innerhalb der AfD beschimpft Hans-Olaf Henkel eines der Vorstandsmitglieder. Helfen will er damit Bernd Lucke, der in der Partei derzeit als Alleinherrscher wahrgenommen wird.
Die AfD-Spitze streitet aber nicht nur über den Kurs der Partei, sondern auch über deren Führungsstruktur. Lucke möchte, dass es künftig statt der drei Vorsitzenden nur noch einen Chef gibt - und zwar ihn. Petry und Gauland lehnen das vehement ab. Die beiden hatten als Spitzenkandidaten ihrer Partei in Sachsen und Brandenburg gute Ergebnisse für die AfD geholt und treten entsprechend machtbewusst auf.
Henkel sprach sich am Dienstag trotzdem für Lucke aus. Er sagte, die AfD brauche "einen einzigen starken Vorsitzenden, der in der Lage ist, die unterschiedlichen Flügel zusammenzuhalten". Henkel verwies darauf, dass Gauland und Petry sich im Bund für den Fortbestand der Dreier-Spitze stark machten, in ihren Landesverbänden aber als alleinige Vorsitzende fungieren.
Der Streit um Führungsstruktur und Kurs der AfD gefährdet zunehmend die Aussichten der Partei, zum ersten Mal in ein westdeutsches Landesparlament einzuziehen. Mitte Februar wird in Hamburg gewählt. In der jüngsten Umfrage liegt die AfD bei sechs Prozent, also nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Lucke forderte deshalb in einer Rundmail an die Mitglieder und Förderer der AfD mehr Disziplin von seinen Parteikollegen. Dabei beklagte er vor allem, dass in letzter Zeit AfD-interne Meinungsverschiedenheiten gezielt der Presse zugespielt worden seien.