Interview:"Trump redet wie ein Stand-up-Comedian"

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Donald Trump Campaigns Across New Hampshire Ahead Of Primary Day

Auftritt mit großer Geste: Donald Trump beim Wahlkampf in New Hampshire.

(Foto: AFP)

Die Sprache Donald Trumps unterscheidet sich völlig von der anderer Politiker, sagt Barton Swaim. Der ehemalige Redenschreiber erklärt, warum es schwer ist, den Milliardär zu hassen.

Interview von Matthias Kolb

Barton Swaim hat von 2007 bis 2010 als Redenschreiber für South Carolinas republikanischen Gouverneur Mark Sanford gearbeitet. Sein Buch über diese Zeit, "The Speechwriter. A Brief Education in Politics", bietet einen Blick hinter die Kulissen des Polit-Alltags. Heute arbeitet der 43-Jährige als Autor für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften in den USA.

SZ: Donald Trump hat in Nevada gerade seinen dritten Sieg in Serie bei den Vorwahlen errungen. Welche Rolle spielt es dabei, dass er ganz anders auftritt als die übrigen Republikaner?

Barton Swaim: Seine Sprache spielt eine entscheidende Rolle. Donald Trump benutzt eine Sprache, die niemand zuvor im politischen Alltag benutzt hat. Die meisten Politiker versuchen alles, um nichts zu sagen, was ihnen Probleme bereiten könnte. Sie wissen, dass ihre Gegner zuhören und die Medien alles zerpflücken. Weil sie so vorsichtig sind, werden ihre Sätze immer länger. Bei Trump sind alle Sätze sehr kurz und pointiert.

Barton Swaim

Barton Swaim, 43, geboren in South Carolina, studierte unter anderem in Edinburgh. Er schreibt regelmäßig für das "Wall Street Journal" und das "Times Literary Supplement". Er lebt mit Frau und drei Kindern in South Carolina.

(Foto: Privat)

Er sagt ständig Dinge wie "Wir werden eine schöne Mauer bauen, und Mexiko wird bezahlen" oder "Wir Amerikaner gewinnen nicht mehr."

Genau. Trump hat außerdem einen Sinn für Komik, den die Konkurrenten nicht haben. Politiker sind ziemlich öde. Trump ist alles andere als öde, er redet wie ein Stand-up-Comedian. Im Englischen funktioniert ein Witz nur, wenn das entscheidende Wort am Ende steht, weil sonst die Überraschung weg ist. Und bei Trump steht der wichtigste Begriff immer hinten.

Wo nimmt er diese Fähigkeit her?

Ich weiß nicht, ob er das trainiert hat, aber er hat dieses Talent wohl entwickelt, während er seine Reality-TV-Show "The Apprentice" moderierte. Viele Leute finden seine Rhetorik erfrischend. Ich mag ihn nicht als Kandidaten, aber ich kann verstehen, warum er die Leute fasziniert. Um ehrlich zu sein: Ich muss bei seinen Reden oft laut lachen. Und als Autor weiß ich: Wer jemanden zum Lachen bringt, dem gehört die Sympathie des Zuhörers. Ich kann ein Buch lesen und anderer Meinung sein als der Autor. Aber wenn ich lachen muss, mag ich es trotzdem. Das gilt auch für Politiker. Es ist schwer, Trump zu hassen, auch wenn ich mir Mühe gebe.

(In diesem Video hat ein Youtube-Vlogger Donald Trumps Rhetorik untersucht.)

Ich habe ein Dutzend Trump-Kundgebungen besucht. Was mir auffällt: Trump formuliert oft so, dass jeder Zuhörer seine Sätze unterschiedlich verstehen kann.

Politiker müssen aufrichtig und bedeutend klingen können, ohne Substanzielles zu sagen. Neulich wurde Trump gefragt, wieso er so oft flucht. Politiker sagen vielleicht einmal "verdammt", aber Trump benützt ständig Wörter wie "fuck". Ein Reporter konfrontierte ihn damit. Trump hat sich entschuldigt, aber auch gemeint: "So bin ich halt." Am Ende hatte ich keine Ahnung, was er genau gesagt hat. Das passiert oft.

Sie haben lange als Redenschreiber für den republikanischen Gouverneur Mark Sanford gearbeitet. Manchmal kann es ja das Ziel sein, nichts Konkretes zu sagen.

Ich habe immer gewusst, dass es in der Politik viel Blabla gibt. Viele Worte sind bedeutungslos. Wenn ich mich mit Ihnen unterhalte, gehen wir davon aus, dass die Wörter, die wir benutzen, etwas mit der Realität zu tun haben. In der Politik benutzt man Wörter, um einen Eindruck zu vermitteln, Zeit zu gewinnen oder sich von etwas zu distanzieren. Bevor ich diese Reden, Briefe oder Meinungsartikel selbst schreiben musste, war mir nie bewusst, wie oft politische Sprache diese Zwecke erfüllen muss.

Gab es Phrasen, die Sanford besonders oft benutzt hat?

Er hatte so viele, dass ich irgendwann eine Liste angelegt habe. Anfangs dachte ich, er erwarte sich von mir Texte in einer wirksamen, eindrücklichen Sprache. Aber er wollte nur, dass ich so schreibe, wie er spricht. Einer seiner Lieblingsausdrücke war "larger notion". So etwas würde ich nie verwenden. Ich weiß nicht einmal, was das bedeuten soll. Wir haben im Büro immer Witze gemacht, wenn wir unsere Texte gegengelesen haben: "Liest sich gut, aber streu noch zwei oder drei ,larger notions' ein, und er wird es lieben."

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