Zu den Ritualen des US-Politjournalismus gehört es, nach TV-Debatten und Parteitagen die jeweiligen Gewinner und Verlierer zu küren. Am letzten Tag des Parteitags der Republikaner in Cleveland sind sich alle Beobachter einig: Donald Trumps älteste Tochter hat die ohnehin hohen Erwartungen übertroffen.
15 Minuten lang dauert die Rede, mit der sie ihren Vater vorstellt - und das 34-jährige Ex-Model macht vor etwa 15 Millionen Zuschauern keinen Fehler. Die Delegierten in Cleveland sind begeistert.
Ivankas Job ist es, dem Eindruck entgegenzutreten, dass ihr Vater ein Sexist sei und Frauen schlecht behandle. Ihr Engagement hat Trump bitter nötig: Lediglich 34 Prozent der Wählerinnen stehen, nach einer gemeinsamen Umfrage von ABC News und Washington Post, hinter ihm.
Also beschreibt sie ihren Vater als einen Geschäftsmann, der "farbenblind" und "geschlechtsneutral" sei. Er habe stets die beste Person eingestellt und in Mitarbeitern stets das beste Talent erkannt - ohne auf Aussehen oder Geschlecht zu achten. Die Folge: "In der Firma meines Vaters, gibt es mehr weibliche als männliche Führungskräfte."
Ivanka, die als "Daddy's Darling" gilt, beschreibt ihren Vater als Menschen, der seine Kinder liebt und ermutigt. "Als ich ein Kind war, sagte er: 'Ivanka, wenn du ohnehin schon denkst, kannst du gleich in großen Dimensionen denken.'"
Guter Geschäftsmann, guter Vater, also guter Präsident
Ivanka Trump baut ihre Rede in drei Stufen auf. Donald Trump ist, erstens, ein guter Geschäftsmann, zweitens, ein aufmerksamer und liebevoller Vater und damit, drittens, ein guter Präsident. "Ich habe gesehen, wie er für seine Familie gekämpft hat, wie er für seine Firma gekämpft hat. Und nun sehe ich ihn für unser Land kämpfen."
Im Wahlkampf-Universum von Donald Trump ist Tochter Ivanka eine einflussreiche Person. "Der einzige Telefonanruf, den Donald immer annimmt, ist der von Ivanka", berichtete Politico. Sie ist mutmaßlich dafür verantwortlich, dass der umstrittene Wahlkampfmanager Corey Lewandowski Ende Juni gefeuert wurde.
Als Trump im August die Moderatorin Megyn Kelly sexistisch beleidigt hatte, war erst eine Intervention durch die Tochter nötig, bis der Republikaner seine problematische Wortwahl erkannte. In einem Interview erzählte Trump von ihrer Reaktion: "Sie sagte zu mir: 'Dad, du musst die Menschen wissen lassen, wie sehr du Frauen verehrst und wie du dich um sie kümmern wirst."
Mehrfache Mutter, Geschäftsfrau, eigenständiger Kopf
Nach ihrer Arbeit als Model ist Ivanka nun nicht nur in der "Trump Organization" tätig - sie hat ihr Image gezielt als hart arbeitende Mutter aufgebaut. Ihr Instagram-Account ist voll mit Bildern, die sie bei der Arbeit und/oder mit einem ihrer drei Kinder zeigen.
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Insofern wundert es nur auf den ersten Blick, dass Ivanka ausführlich über Lohngleichheit spricht ( hier ihre Rede im Wortlaut). "46 Prozent der Arbeiterschaft in den USA sind weiblich", sagt sie. Sie spricht in einem sehr sicheren Tonfall, überzeugt von ihrer Botschaft. "2014 haben Single-Frauen 83 Cent verdient für jeden Dollar, den ein Mann bekommen hat." Für verheiratete Frauen liege die Quote noch niedriger, bei 77 Prozent.
Als Präsident werde ihr Vater die Arbeitsgesetze ändern. Er werde für Lohngleichheit sorgen - und das sei nur der Anfang: "Er kann die Ungerechtigkeit von durch Schulden gelähmten Hochschulabsolventen nicht ertragen, und Mütter, die sich keine Kinderbetreuung leisten können, die es braucht, um zur Arbeit zurückzukehren für ein besseres Leben für ihre Familien."
Während das Publikum in der Halle begeistert klatscht (ob aus inhaltlicher Zustimmung oder wegen der eleganten Rednerin ist offen), spotten bei Twitter manche Journalisten, dass sich die Trump-Tochter wohl verirrt hat - die Themen "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" sowie bessere Unterstützung von Studenten sind Punkte, die zentral für die Kampagne von Hillary Clinton sind.
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Dass Ivanka in ihrer Rede darauf verzichtet, in die Niederungen der Politik abzusteigen und die Rivalin ihres Vaters hart zu attackieren, beeindruckt nicht nur den einflussreichen Washington-Post-Blogger Chris Cillizza ( er kürte sie zur Siegerin des Abends). Ob aus Überzeugung oder Inszenierung: Ivanka Trump wahrt sogar eine gewisse Überparteilichkeit und sagt in Cleveland den bemerkenswerten Satz: "Wie so viele Millennials, sehe ich mich nicht als ausschließlich als Republikanerin oder Demokratin."
Seit Monaten schien klar, dass Ivanka eine ganz zentrale Rolle im Wahlkampf spielen wird und eine Art Ersatz-First-Lady abgeben dürfte. Nach diesem Auftritt besteht kein Zweifel, dass Ivanka reichlich Gelegenheit bekommen wird, für ihre Herzensthemen zu werben - also entweder für Gleichberechtigung oder für ihren geliebten Vater Donald.