Mehr Showbiz, keine Langeweile und eine ganz große Darbietung, das hat Donald Trump vor dem Parteitag angekündigt. Alle vier Jahre treffen sich die beiden Parteien für je vier Tage, um ihren Präsidentschaftskandidaten zu küren - und den TV-Zuschauern eine Mischung aus Karneval und Eurovision Song Contest zu bieten. Mit Songs wie "Sweet Caroline" und "Ring of Fire" erinnert die Musik an ein Wiesn-Zelt und die meisten Republikaner tanzen ähnlich ungelenk wie Oktoberfest-Besucher.
Das Format der party convention ist optimiert fürs Fernsehen, die meisten US-Bürger beginnen erst jetzt, sich mit der Wahl zu beschäftigen. Der Kandidat steht vorab fest und das Treffen ist für viele Delegierte ein absolutes Highlight. Wenn auf 2472 Abgesandte etwa 15 000 Journalisten kommen, garantiert eine farbenfrohe Kostümierung viele Interviews und unzählige Fotos.
Die Kritik, dass die Parteitage nur eine oberflächliche Inszenierung seien, gab es schon 2012 und in vielen Wahljahren zuvor. Und es stimmt: Eigentlich ist so ein Parteitag eine ewig lange Dauerwerbesendung. Doch nicht einmal die kann (oder will) Trump bieten. Vor dem Ereignis hatte er nicht nur eine großartige Show versprochen, er wollte außerdem die zerstrittene Partei einen. Dass er seine Versprechen nicht eingelöst hat, liegt nicht nur am aufsässigen Rivalen Ted Cruz. Dieser darf zu einer prominenten Zeit reden - und lehnt es dann unter Berufung auf sein Gewissen ab, die Wahl des Geschäftsmanns zu empfehlen.
Wenn Hillary Clinton oder einem anderen Politiker dies passiert wäre, Trump würde nur twittern: "Loser". Der dritte Abend des Parteitags verläuft jedenfalls so chaotisch, dass der Druck auf den Geschäftsmann enorm ist - mit seiner Rede in der Nacht auf Freitag muss er verhindern, dass die Republican National Convention 2016 zum Desaster wird. Diese vier Lehren lassen sich bereits ziehen:
Die Spaltung der Partei ist unübersehbar
Dass viele Republikaner sich weiter schwertun, den kontroversen Geschäftsmann als Anführer zu akzeptieren, ist von der ersten Minute spürbar. An Tag eins kommt es zu tumultartigen Szenen, als der trumpgetreue Vorsitzende einen Antrag der Trump-Rebellen niederbügelt. Die meisten sind Cruz-Fans - und die entsprechenden Fotos und Video-Clips gehen um die Welt.
Das düstere, inoffizielle Motto "Lock her up" ("Sperrt sie ein!") des Parteitags erklärt sich nicht nur durch die sehr reale Antipathie gegenüber Hillary Clinton, sondern auch weil dies der bequemste Ausweg ist. Typisch ist Trumps Ex-Rivale Scott Walker, der kein Lob für den Kandidaten über die Lippen bringt, sondern nur ruft: "Jeder Republikaner ist besser als Hillary Clinton." Und weil die moderateren Republikaner, welche die Demokratin Clinton mit Argumenten besiegen wollen, die Trump-Kür boykottieren, wirkt diese convention mit all den Hass-Tiraden wie eine Freak-Show.
Der Cruz-Auftritt ist aber der größte Eklat: Der Texaner macht kurz vor der Prime Time deutlich, dass er Trump weiter konservative Prinzipien wie Verfassungstreue abspricht. Er gratuliert ihm zum Sieg und beruft sich später auf sein Gewissen, um zu begründen, warum er nicht zur Wahl von Trump aufrufen könne. Dass sich der Senator für den Wahlkampf 2020 positioniert, ist sein gutes Recht.
All dies wirft jedoch ein seltsames Bild auf die Organisatoren des Parteitags, weil sie Cruz entweder reden ließen, ohne das endorsement garantiert zu haben, oder die mögliche Reaktion der Delegierten völlig falsch einschätzten. Eine andere Variante nennt der bestens vernetzte Reporter Robert Costa: Trumps Wahlkampfmanager Paul Manafort habe dafür gesorgt, dass die Buhrufe gegen Cruz besonders laut wurden. So sollte deutlich werden, dass die Mehrheit Trump unterstützt.