Süddeutsche Zeitung

Republikaner-Kandidat:Die Frau an Donald Trumps Seite

  • Ivanka Trump nimmt im Universum des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump eine besondere Stellung ein.
  • Die älteste Tochter soll Wähler und Geschäftspartner beruhigen und sein Image bei Frauen aufpolieren.
  • Sie ist gut mit Chelsea Clinton befreundet, die beiden verbindet ihre bewegte Jugend. Aber der Wahlkampf der Eltern trübt nun das Verhältnis der beiden.

Porträt von Matthias Kolb, Washington

Ivanka Trump trägt ein weißes ärmelloses Kleid, das blonde Haar ist hochgesteckt, die goldenen Ohrringe glitzern. Es sei eine Ehre, mit ihrem Vater zusammenarbeiten zu dürfen, sagt sie und lobt "seine Leidenschaft, seine Arbeitswut und die Tatsache, dass er 'Nein' nicht als Antwort akzeptiert". Dann ruft sie ihn im Trump Tower auf die Bühne - und Donald Trump verkündet am 16. Juni 2015 seine Präsidentschaftskandidatur.

Knapp elf Monate und unzählige Skandale später ist der Immobilien-Milliardär zur Überraschung der Welt der Präsidentschaftskandidat der Republikaner und Ivanka steht weiter loyal an seiner Seite. Trumps Aussagen zum temporären Einreisestopp für Muslime, die Mauer zu Mexiko oder über die "Gaunerin Hillary", die nur wegen ihres Geschlechts Erfolg habe, kommentiert sie öffentlich so gut wie nie.

Ivanka lobt ihn lieber für andere Qualitäten. "Mein Vater hat die politische Diskussion in diesem Land auf ein neues Level gehoben", sagte sie in dieser Woche beim "Forbes Women's Summit". Er habe überall den Ton angeben und dies zeichne Führungsstärke aus: Es gehe darum, Themen zu setzen, so die 34-Jährige.

Im Trump-Universum nimmt das zweitälteste von fünf Kindern eine ganz besondere Rolle ein. Ihren Namen nennt Vater Donald als erstes auf die Frage, auf wen er sich am meisten verlassen kann und sie ist nach drei Ehen und diversen Affären die weibliche Konstante in seinem Leben. Ihr fällt es nun zu, die Marke "Trump" öffentlich zu vertreten und Geschäftspartner zu beruhigen, die über den mitunter rassistischen Wahlkämpfer Donald entsetzt sind.

Sie wird mitreden, wer sein Vizepräsident wird und nach New York Times-Recherchen ist Ivanka eine der wenigen, deren Ratschläge ihr Vater zumindest berücksichtigt. Zwar konnte sie ihn nicht überzeugen, die "Mexiko schickt uns Vergewaltiger"-Sprüche zurückzunehmen, doch anderswo konnte sie ihn zügeln. In die Wahlkampf-Details mischt sich die dreifache Mutter nicht ein, aber die beiden telefonieren mehrmals täglich. Oft bittet sie Wähler (diese Woche in West Virginia) in kurzen Clips, für ihren Vater zu stimmen.

Im Wahlkampf ist die Rolle von Ivanka klar umrissen: Sie soll Donalds familiäre Seite betonen und dem Image des Frauenfeinds widerlegen. Selten vergeht eine Woche, indem Trump keine Macho-Sprüche reißen würde oder Frauen von verstörenden Begegnungen mit ihm erzählen. (Die New York Times präsentiert am Wochenende ein Dossier, basierend auf Dutzenden Interviews).

"Mein Vater wird ein toller Präsident für alle Frauen"

Ivankas Verteidigungslinie ist stets ähnlich: Ihr Vater sei eben nicht "politisch korrekt" und mache in seiner "sehr unverblümten Kritik" keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Damit könne wohl nicht jede umgehen. Sie betont zudem oft, wie stark ihr Vater Frauen in seinen Unternehmen fördere und dass sie gleichberechtigt zu ihren Brüdern Donald und Eric behandelt werde. Alle drei Kinder aus Trumps erster Ehe mit Ivana sind in der Trump Organization tätig, doch der Milliardär lässt wenig Zweifel daran, dass Tochter Ivanka die Geschäfte führen solle, wenn er ins Weiße Haus einzieht.

In Interviews sagte sie mit einem Lächeln, dass ihr Vater "ein toller Präsident für alle Frauen" sein werde und erzählt, dass Donald ihr immer eines eingetrichtert habe: "Alles, was ich mir vornehme, kann ich erreichen." Schon als Kind habe sie mit Bauklötzen gespielt und in die Immobilienbranche einsteigen wollen - ihr Vater habe sie stets ermutigt.

Wieso Ivanka als inoffizielle First Lady fungiert

Als erfolgreiche Geschäftsfrau mit einem nach ihr benannten Modelabel (viele Produkte wie Schals werden allerdings nicht in den USA, sondern in China produziert) fordert sie glaubwürdig eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wirkt in ihrer Initiative "Women Who Work" als Mentorin. Ihr sehr beliebter Instagram-Account ist frei von politischen Positionen.

Neben den Interviews übernimmt Ivanka Trump auch Aufgaben, die in US-Wahlkämpfen sonst den Ehefrauen (oder eben Bill Clinton) zufallen: Im Winter reiste sie trotz ihrer Schwangerschaft durch Iowa, New Hampshire und South Carolina und warb auf eigenen Veranstaltungen für ihren Vater. Dieser kündigte in jedem Bundesstaat an, wie stolz er wäre, wenn Ivanka in Iowa/New Hampshire/South Carolina ihr drittes Kind zur Welt bringen würde.

Die älteste Tochter übernimmt diese Aufgaben, weil Trumps dritte Ehefrau Melania sich der Erziehung von Sohn Barron widmet und ungern in der Öffentlichkeit redet. "Ivanka spielt eine ganz wertvolle Rolle darin, sein Image etwas menschlicher und weichzuzeichnen", schwärmt Roger Stone, der Trump seit Jahrzehnten berät. Wer mit Besuchern von Trump-Events spricht, hört oft lobende Worte über dessen "wohlerzogene Kinder", die trotz seines Vermögens hart arbeiten würden. Ihr Engagement im Wahlkampf zeige die Liebe zum Vater.

Mit Chelsea Clinton, der anderen äußerst präsenten Tochter in diesem Präsidentschaftswahlkampf, ist Ivanka gut befreundet: Die beiden sind nicht nur im gleichen Alter, sondern haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht.

Sie lernten sich über ihre Ehemänner kennen und mochten sich von Beginn an. Ivanka Trump ist wegen ihres Gatten Jared Kushner zum Judentum konvertiert und hält mit ihrer Familie den wöchentlichen Sabbat-Ruhetag strikt ein. Chelsea Clinton ist mit dem jüdischen Investmentbanker Marc Mezvinsky verheiratet.

Die beiden begegneten sich nicht nur auf Events der New Yorker High Society, sondern fühlten - so schildern es Freunde einer Politico-Reporterin - eine Verbundenheit, weil beide in ihrer Jugend darunter litten, dass Millionen Menschen über die Sex-Eskapaden ihrer Väter Bescheid wussten.

Chelsea war ein Teenager, als die Welt von der Affäre ihres Präsidenten-Vaters mit der Praktikantin Monica Lewinksy erfuhr (ein Thema, das Trump und seine Fans gern thematisieren). Ivanka war zwölf, als sie von Mitschülerinnen auf ein Titelbild der New York Post angesprochen wurde: Dort schwärmte mit Marla Maples jene Frau, die Trumps zweite Ehefrau werden sollte, von ihrem Lover Donald und dem "besten Sex aller Zeiten".

Nach dem Besuch von New Yorker Elite-Schulen studierte Ivanka an der renommierten Georgetown-Universität in Washington, bevor sie wie ihr Vater an University of Pennsylvania ihren Abschluss machte. Als Model für Zeitschriften und Modefirmen wurde sie berühmt und baute ihre eigene Modefirma auf. Doch Vater Donald brachte sie immer wieder in peinliche Situationen, etwa in einem TV-Interview aus dem Jahr 2006, in dem er andeutete, selbst gern mit Ivanka intim werden zu wollen, wenn diese nicht seine Tochter wäre.

Sowohl Chelsea als auch Ivanka halten bis zum heutigen Tag zu ihren Vätern und sind seit Jahren in deren Organisationen tätig. Chelsea übernimmt immer mehr Aufgaben in der Familien-Stiftung und Ivanka ist als "Executive Vice President of Development & Acquisitions" unter anderem verantwortlich für das 200 Millionen Dollar teure, neue Washingtoner Trump Hotel, das im Herbst in Sichtweite des Weißen Hauses eröffnen soll. Für ihre Professionalität wird die 34-Jährige stets gelobt.

"Ich habe eine dicke Haut"

Zuletzt haben sich Chelsea Clinton und Ivanka Trump nicht mehr gesehen, was an den Beschimpfungen liegt, die sich ihre Eltern im Rennen an den Kopf werfen. Allerdings, so zitiert Politico anonyme Bekannte, wüssten beide Frauen, mit welchen Bandagen in einem Präsidentschaftswahlkampf gekämpft wird. Ivanka sagte in dieser Woche, die Zeiten seien zwar herausfordernd, aber sie sei mittlerweile abgehärtet und habe "eine dicke Haut". Leider würden sich zu viele Menschen vorschnell ein Urteil über ihren Vater bilden.

Die Auswirkungen von Donald Trumps schlechtem Image merkt seine Tochter auch im Alltag in der New Yorker Elite. Ende November war Ivanka Trump ebenso wie Amy Schumer, Reese Witherspoon und die liberale Medien-Unternehmerin Ariana Huffington Beim "Glamour's Women of the Year" geladen - und wurde laut New York Times gefragt, wieso sie an einem Event teilnehme, der starke Frauen feiere, wenn ihr eigener Vater ständig Schauspielerinnen, Moderatorinnen und politische Konkurrentinnen beleidige. Sie sei eine selbstständige Person, habe Ivanka laut NYT entgegnet und die Gala bald darauf verlassen.

"Wir Trumps sind dabei, um zu gewinnen"

Diese Art Anfeindungen dürfte die 34-Jährige auch in Zukunft ignorieren. Die Bedeutung von Ivanka Trump dürfte in den nächsten Monaten weiter wachsen, denn niemand sonst ist besser geeignet, die Meinungen ihres Vaters zu entkräften oder ein Gespräch auch andere Themen zu lenken. Dass sie und ihr Bruder Eric bei der Vorwahl in New York nicht abstimmen konnten, weil sie die Registrierungstermine verpasst hatten, war zwar peinlich, doch Ivanka wandelt die Erklärung sofort in eine charmant vorgetragene Kritik am "undemokratischen System" um (hier im Clip ab Minute 0:29).

Am Ehrgeiz und der Selbstdisziplin von Ivanka Trump sollte niemand zweifeln: Sie wird alles tun, damit der von ihr verehrte Vater ins Weiße Haus gewählt wird. Auch hat sie ein Buch verfasst, das 2010 mit dem typisch-angeberischen Titel "The Trump Card. Playing to Win in Work and Life" erschien. Darin heißt es unter anderem: "Wir Trumps sind schließlich in diesem Spiel dabei, um die Erwartungen anderer zu erfüllen. Wir sind dabei, um zu gewinnen." Dieser Satz könnte auch von Vater Donald stammen.

Linktipps:

  • Dieser Artikel der Washington Post beschreibt, wie Ivanka Trump die Familien-Marke Trump von den politischen Ambitionen und Äußerungen ihres Vaters lösen will.
  • Die umfangreiche Recherche der New York Times über den Umgang von Donald Trump mit Frauen ist hier nachzulesen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2994368
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/mikö
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.