Ivanka Trump trägt ein weißes ärmelloses Kleid, das blonde Haar ist hochgesteckt, die goldenen Ohrringe glitzern. Es sei eine Ehre, mit ihrem Vater zusammenarbeiten zu dürfen, sagt sie und lobt "seine Leidenschaft, seine Arbeitswut und die Tatsache, dass er 'Nein' nicht als Antwort akzeptiert". Dann ruft sie ihn im Trump Tower auf die Bühne - und Donald Trump verkündet am 16. Juni 2015 seine Präsidentschaftskandidatur.
Knapp elf Monate und unzählige Skandale später ist der Immobilien-Milliardär zur Überraschung der Welt der Präsidentschaftskandidat der Republikaner und Ivanka steht weiter loyal an seiner Seite. Trumps Aussagen zum temporären Einreisestopp für Muslime, die Mauer zu Mexiko oder über die "Gaunerin Hillary", die nur wegen ihres Geschlechts Erfolg habe, kommentiert sie öffentlich so gut wie nie.
Ivanka lobt ihn lieber für andere Qualitäten. "Mein Vater hat die politische Diskussion in diesem Land auf ein neues Level gehoben", sagte sie in dieser Woche beim "Forbes Women's Summit". Er habe überall den Ton angeben und dies zeichne Führungsstärke aus: Es gehe darum, Themen zu setzen, so die 34-Jährige.
Im Trump-Universum nimmt das zweitälteste von fünf Kindern eine ganz besondere Rolle ein. Ihren Namen nennt Vater Donald als erstes auf die Frage, auf wen er sich am meisten verlassen kann und sie ist nach drei Ehen und diversen Affären die weibliche Konstante in seinem Leben. Ihr fällt es nun zu, die Marke "Trump" öffentlich zu vertreten und Geschäftspartner zu beruhigen, die über den mitunter rassistischen Wahlkämpfer Donald entsetzt sind.
Sie wird mitreden, wer sein Vizepräsident wird und nach New York Times-Recherchen ist Ivanka eine der wenigen, deren Ratschläge ihr Vater zumindest berücksichtigt. Zwar konnte sie ihn nicht überzeugen, die "Mexiko schickt uns Vergewaltiger"-Sprüche zurückzunehmen, doch anderswo konnte sie ihn zügeln. In die Wahlkampf-Details mischt sich die dreifache Mutter nicht ein, aber die beiden telefonieren mehrmals täglich. Oft bittet sie Wähler (diese Woche in West Virginia) in kurzen Clips, für ihren Vater zu stimmen.
Im Wahlkampf ist die Rolle von Ivanka klar umrissen: Sie soll Donalds familiäre Seite betonen und dem Image des Frauenfeinds widerlegen. Selten vergeht eine Woche, indem Trump keine Macho-Sprüche reißen würde oder Frauen von verstörenden Begegnungen mit ihm erzählen. (Die New York Times präsentiert am Wochenende ein Dossier, basierend auf Dutzenden Interviews).
"Mein Vater wird ein toller Präsident für alle Frauen"
Ivankas Verteidigungslinie ist stets ähnlich: Ihr Vater sei eben nicht "politisch korrekt" und mache in seiner "sehr unverblümten Kritik" keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Damit könne wohl nicht jede umgehen. Sie betont zudem oft, wie stark ihr Vater Frauen in seinen Unternehmen fördere und dass sie gleichberechtigt zu ihren Brüdern Donald und Eric behandelt werde. Alle drei Kinder aus Trumps erster Ehe mit Ivana sind in der Trump Organization tätig, doch der Milliardär lässt wenig Zweifel daran, dass Tochter Ivanka die Geschäfte führen solle, wenn er ins Weiße Haus einzieht.
In Interviews sagte sie mit einem Lächeln, dass ihr Vater "ein toller Präsident für alle Frauen" sein werde und erzählt, dass Donald ihr immer eines eingetrichtert habe: "Alles, was ich mir vornehme, kann ich erreichen." Schon als Kind habe sie mit Bauklötzen gespielt und in die Immobilienbranche einsteigen wollen - ihr Vater habe sie stets ermutigt.
Wieso Ivanka als inoffizielle First Lady fungiert
Als erfolgreiche Geschäftsfrau mit einem nach ihr benannten Modelabel (viele Produkte wie Schals werden allerdings nicht in den USA, sondern in China produziert) fordert sie glaubwürdig eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wirkt in ihrer Initiative "Women Who Work" als Mentorin. Ihr sehr beliebter Instagram-Account ist frei von politischen Positionen.
Neben den Interviews übernimmt Ivanka Trump auch Aufgaben, die in US-Wahlkämpfen sonst den Ehefrauen (oder eben Bill Clinton) zufallen: Im Winter reiste sie trotz ihrer Schwangerschaft durch Iowa, New Hampshire und South Carolina und warb auf eigenen Veranstaltungen für ihren Vater. Dieser kündigte in jedem Bundesstaat an, wie stolz er wäre, wenn Ivanka in Iowa/New Hampshire/South Carolina ihr drittes Kind zur Welt bringen würde.
Die älteste Tochter übernimmt diese Aufgaben, weil Trumps dritte Ehefrau Melania sich der Erziehung von Sohn Barron widmet und ungern in der Öffentlichkeit redet. "Ivanka spielt eine ganz wertvolle Rolle darin, sein Image etwas menschlicher und weichzuzeichnen", schwärmt Roger Stone, der Trump seit Jahrzehnten berät. Wer mit Besuchern von Trump-Events spricht, hört oft lobende Worte über dessen "wohlerzogene Kinder", die trotz seines Vermögens hart arbeiten würden. Ihr Engagement im Wahlkampf zeige die Liebe zum Vater.
Mit Chelsea Clinton, der anderen äußerst präsenten Tochter in diesem Präsidentschaftswahlkampf, ist Ivanka gut befreundet: Die beiden sind nicht nur im gleichen Alter, sondern haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht.