Republik Moldau:Klarer Kurs Richtung EU

Republik Moldau: Maia Sandu, Präsidentin von Moldau, hoffte, dass ihre Wahl 2021 die "Herrschaft der Diebe über Moldau" beenden würde.

Maia Sandu, Präsidentin von Moldau, hoffte, dass ihre Wahl 2021 die "Herrschaft der Diebe über Moldau" beenden würde.

(Foto: Diego Herrera/dpa)

Bei der vorgezogenen Wahl sichert sich Präsidentin Maia Sandu jetzt auch den Rückhalt des Parlaments. Sie hat große Ziele.

Von Frank Nienhuysen

Ihr Sieg vor Gericht im Kampf um vorgezogene Neuwahlen hat sich für die Präsidentin ausgezahlt. Bei der Parlamentswahl in der Republik Moldau am Sonntag errang die Partei von Maia Sandu mit klarem Vorsprung die meisten Stimmen. Fast 53 Prozent holte die Aktion und Solidarität (Pas), deutlich mehr als Kommunisten und Sozialisten (etwa 27 Prozent) sowie die kleinere Şor-Partei. Sandu hat jetzt nach ihrem Präsidentenamt auch die erhoffte absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus und damit den Rückhalt für ihren europäischen Reformkurs.

30 Jahre nach Beginn der Unabhängigkeit in der früheren Sowjetrepublik strebt das Lager der ehemaligen Weltbank-Ökonomin mehr Transparenz in Politik und Justiz an. Sandu will ein System beenden, das von Korruption und mächtigen Oligarchen geprägt war, in dem die Interessen von Politik und Wirtschaft oft extrem miteinander verflochten waren. Mit dem bisherigen Parlament hatte Präsidentin Sandu keine Hoffnung auf Besserung. "Am heutigen Tag können sich die Bürger von Dieben befreien und ein ehrliches Parlament wählen", hatte sie am Sonntag bei der Abstimmung gesagt.

Die Republik Moldau, ein verarmtes Land zwischen Rumänien und der Ukraine, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mal dem Westen, mal Russland angenähert. Mit der Europäischen Union verbindet sie ein Assoziierungsvertrag, doch der europäische Kurs wurde gebremst durch eine zunehmend unpopuläre Regierung, der Kritiker und ein großer Teil der Bevölkerung Misswirtschaft vorwarfen. Die Europäische Union tat dies dann auch und sperrte weitere Hilfsleistungen. Abgeordnete der inzwischen aufgesplitterten offiziell proeuropäischen, aber verhassten Demokratischen Partei waren allerdings bis jetzt im moldauischen Parlament vertreten, in dem die pro-russischen Sozialisten die stärkste Fraktion bildeten. Bis zum Wahlsonntag.

Igor Dodon, Sozialistenchef und zugleich Sandus Vorgänger als Präsident, räumte am Montag die Niederlage ein und gratulierte Sandu zu ihrem Erfolg. "So sind die Regeln der Demokratie. Sie haben jetzt die ganze Macht."

Viele im Ausland lebende Moldauer stimmen für Sandus Partei

Die auch russisch sprechende Maia Sandu hat immer wieder betont, dass es ihr weniger um Geopolitik gehe, sondern um einen ehrlichen demokratischen, transparenten Staat mit unabhängiger Justiz, der sich um einen besseren Lebensstandard der Menschen kümmert. Und dass sie gute Beziehungen auch zu Moskau wolle. Ihr Westkurs ist allerdings deutlich erkennbar. Auf ihrem Twitter-Account ließ sich dies in den vergangenen Wochen gut verfolgen: ihr Italien-Besuch, ihr Dank an Brüssel für 600 Millionen Euro Hilfe im Kampf gegen die Wirtschaftskrise und die Pandemie, ihr Dank an Deutschland und die EU für medizinische Unterstützung. Und in Polen suchte sie kürzlich ausdrücklich Rückhalt bei der Annäherung an die EU. Die USA wiederum versorgen die Republik Moldau jetzt mit einer halben Million Impfdosen von Johnson & Johnson, während Sandus Rivale Dodon bei seinen Moskau-Besuchen Vakzine aus Russland ausgehandelt hatte.

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Renata Alt, zuständig für Mittelost- und Südosteuropa im Auswärtigen Ausschuss, sagte, die Republik Moldau brauche nun EU-Unterstützung im Kampf gegen die Korruption und bei den Reformen. "Die Gelegenheit ist günstig und sollte genutzt werden." Russland könne "jederzeit den eingefrorenen Konflikt um Transnistrien wieder aufflammen lassen".

Die abtrünnige Region steht unter dem Einfluss Moskaus, das dort seit den Neunzigerjahren Soldaten stationiert hat. Andererseits geht selbst aus Transnistrien inzwischen ein Großteil der Exporte in die Europäische Union, in der Regel über Moldau und das benachbarte Rumänien.

Großen Anteil an der absoluten Mehrheit - die Pas erhält 63 von 101 Sitzen - dürften die Stimmen der etwa eine Million Moldauer haben, die wegen der prekären Verhältnisse ins Ausland ausgewandert sind. Die meisten von ihnen leben im Westen und setzen darauf, dass Maia Sandu es schafft, das Land zu stabilisieren. Die Mehrheit dafür hat sie nun.

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