Repressionen der Regierung in China:Angst vor der erwachenden Zivilgesellschaft

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Unterstützer des Bürgerrechtlers Xu Zhiyong demonstrierten im Januar vor einem Gericht. Ein Berufsgericht hat jetzt das Urteil bestätigt: Xu muss vier Jahre in Haft. (Foto: REUTERS)

Es trifft vor allem Blogger, Journalisten und kritische Aktivisten: Die Kommunistische Partei in China verfolgt Kritiker mit deutlich mehr Härte als in den vergangenen Jahren. Doch die Bürgerrechtler lassen sich nicht einfach zum Verstummen bringen.

Von Kai Strittmatter, Peking

Die Kommunistische Partei Chinas geht weiter gegen Bürgerrechtler vor. Am Freitag bestätigte ein Berufungsgericht in Peking die Verurteilung des bekannten Anwalts und Gründers der "Neuen Bürgerbewegung" Xu Zhiyong zu vier Jahren Haft. Xu war schon im Januar wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" verurteilt worden und hat nun keine Möglichkeit mehr, gegen das Urteil vorzugehen. Drei weitere Aktivisten der Bewegung wurden ebenfalls diese Woche in Peking vor Gericht gestellt im Zuge einer Kampagne, die von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) als "die größte Verfolgung von Dissens und freier Meinungsäußerung in den vergangenen Jahren" bezeichnet wird.

Neben dem seit 2008 einsitzenden Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo dürfte Xu Zhiyong damit zum bekanntesten politischen Gefangenen Chinas werden. "Dieses absurde Urteil kann den menschlichen Fortschritt nicht aufhalten", sagte Xu im Gerichtssaal nach der Urteilsverkündung den nach Angaben seiner Rechtsanwälte. "Der Nebel der kommunistischen Diktatur wird sich eines Tages heben und das Licht von Freiheit, Fairness, Gerechtigkeit und Liebe wird China erfüllen."

Der als moderat geltende Xu hatte mit der von ihm 2012 mitgegründeten Neuen Bürgerbewegung für die Offenlegung der Vermögensverhältnisse von Beamten und Funktionären der Kommunistischen Partei gekämpft. Der Zorn auf korrupte Funktionäre ist groß in China, die Bewegung war schnell gewachsen, zählte zuletzt mehr als 5000 Mitglieder. In mehreren Städten machte sie mit kleinen Protesten von jeweils kaum mehr als ein paar Dutzend Teilnehmern auf sich aufmerksam, um von Parteikadern mehr Transparenz zu fordern.

In der Urteilsbegründung vom Januar hieß es, die Umstände von Xus Taten seien "schwerwiegend" - unter anderem, weil Demonstranten "Banner entfaltet" und damit "Chaos" gestiftet hätten. "Xu verlangte nicht mehr als das Recht, seine Rechte zu verlangen", schrieb Nicholas Bequelin, China-Experte von HRW, auf Twitter. "Selbst das war der Partei zu viel."

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Partei- und Staatschef Xi Jinping hatte im vergangenen Jahr eine große Kampagne gegen die Korruption in den Reihen der KP gestartet. Zugleich fühlt sich die Parteiführung durch die aufkeimende Zivilgesellschaft offensichtlich bedroht und verfolgt nun Kritiker außerhalb der Partei mit deutlich mehr Härte als in den Jahren zuvor.

"Gesellschaftlicher Fortschritt fordert einen Preis"

Die zunehmende Repression trifft vor allem Aktivisten, Bürgerrechtsanwälte, Blogger und Journalisten. Die Prozesse dieser Woche wurden jedoch begleitet von Anzeichen, dass sich die Bürgerrechtler nicht so leicht zum Verstummen bringen lassen.

Ebenfalls am Freitag erschien in dem Hongkonger Verlag New Century Press ein Buch des frisch verurteilten Xu Zhiyong. Das chinesischsprachige Buch "Ein Bürger sein: Mein freies China" versammelt Autobiografisches und Essays, in denen Xu seine Vision für ein China beschreibt, in dem Gewaltenteilung herrscht und in dem das Militär nicht mehr der KP untersteht, sondern dem Staat. Das Buch wird in Hongkong und Taiwan verkauft, in China selbst darf es nicht verbreitet werden. Am Donnerstag ging zudem die Webseite der Neuen Bürgerbewegung online.

Die Betreiber beklagen die "systematische Verfolgung" vieler ihrer Mitglieder auch außerhalb Pekings in Provinzen wie Hubei und Jiangxi, berichten jedoch auch, dass ihre Aktivitäten wie die informellen Treffen vieler Aktivisten zu gemeinsamen Abendessen vielerorts weitergingen. "Gesellschaftlicher Fortschritt fordert einen Preis. Um den Preis zu bezahlen, sind wir zu Opfern bereit", heißt es auf der Internetseite. Deren Betreiber schreiben, es gebe bei aller Repression ein Erwachen der Zivilgesellschaft in China: Nichtregierungsorganisationen aller Art hätten in China heute so viel "Raum zum Wachsen wie nie zuvor".

© SZ vom 12.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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