Junge UnionEr führt die Revolte gegen das Rentenpaket der Regierung an

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„In seiner jetzigen Ausgestaltung nicht zustimmungsfähig“ ist das Rentenpaket für JU-Chef Johannes Winkel.
„In seiner jetzigen Ausgestaltung nicht zustimmungsfähig“ ist das Rentenpaket für JU-Chef Johannes Winkel. (Foto: Sebastian Willnow/dpa)

JU-Chef Johannes Winkel findet, dass die Belastungen für die Jungen nicht mehr zumutbar sind. Also sagt er: Stopp! Und dabei weiß er 18 Abgeordnete hinter sich, ohne die die Koalition keine Mehrheit hat.

Von Robert Roßmann

Es ist eine Ansage, die an Klarheit kaum zu überbieten ist. Das vom Kabinett gebilligte Rentenpaket sei im Bundestag „in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht zustimmungsfähig“, heißt es in einem Beschluss der Jungen Gruppe der Unionsfraktion. 18 Mitglieder zählt diese, ohne ihre Stimmen hat die Koalition keine Mehrheit. Neben dem Streit über den Wehrdienst hat die Regierung von Friedrich Merz jetzt also ein zweites Problem. Verantwortlich dafür ist vor allem Johannes Winkel, Bundesvorsitzender der Jungen Union und wichtigstes Mitglied der Jungen Gruppe.

Auf ihrem letzten Deutschlandtag, vor einem Jahr in Halle, hatte die Junge Union Merz fast wie einen Popstar gefeiert. Aber da war er ja noch nicht Kanzler. Inzwischen hat sich in der Parteijugend ziemlich viel Ernüchterung breitgemacht. Vom versprochenen Politikwechsel, den die JU herbeigesehnt hat, ist an vielen Stellen nichts zu sehen. Winkel hatte das schon während der Koalitionsverhandlungen ungewöhnlich deutlich beklagt. In einem SZ-Interview drohte er mit einem Nein zum Koalitionsvertrag und warnte Merz mit dem Hinweis: „Die CDU ist kein Kanzlerwahlverein mehr.“ Die „Demografie ist die Mutter aller Probleme in Deutschland“, sagte Winkel damals.

Er neigt nicht zur Zuspitzung, umso mehr sollten seine Worte den Kanzler nachdenklich stimmen

Der 33-Jährige ist – anders als sein Vorgänger Tilman Kuban – ein eher ruhiger Mensch, der nicht zu Zuspitzungen neigt. Umso mehr sollten seine Äußerungen Merz zu denken geben. In vier Wochen trifft sich die Junge Union wieder zu ihrem Deutschlandtag. Der Kanzler wird auch kommen. Und die JU will das Treffen zu einem „Reality Check Politikwechsel“ machen. Es dürfte für Merz kein einfacher Termin werden.

„Die finanzielle Belastung der jungen Generation hat einen Punkt erreicht, der nicht mehr zu erklären ist“, sagt Winkel. „Da muss man irgendwann mal Stopp sagen.“ Das gelte erst recht, wenn wie jetzt in dem Rentengesetzentwurf „Mehrkosten von 118 Milliarden Euro auftauchen, die allesamt nicht im Koalitionsvertrag stehen“. Diese Kosten würden „erst fällig, nachdem diese Legislatur abgelaufen ist“. Die Politik dürfe aber nicht länger nach dem Motto „nach mir die Sintflut“ verfahren.

Winkel spricht es nicht aus. Aber er fragt sich auch, warum Merz und die Unionsminister dem Gesetzentwurf im Kabinett überhaupt zugestimmt haben. Hat das Werk aus dem Haus von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) im Kanzleramt vorher niemand ordentlich geprüft? Darüber herrscht übrigens auch in der Spitze der Unionsfraktion Erstaunen. Auf die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass das Kabinett den Gesetzentwurf mit den Extrakosten beschlossen habe, heißt es dort, das wüsste man auch gern.

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Eine kritische Rede zur Rentenpolitik führte zu seinem Posten als Obmann

Winkel ist im Februar zum ersten Mal in den Bundestag eingezogen, der Volljurist hat seinen Düsseldorfer Wahlkreis direkt gewonnen. Zuvor hat er in der Stadt bei einem Anlagenbauer gearbeitet. Seine Mutter war Krankenschwester, sein Vater hat in einem Software-Unternehmen gearbeitet. CDU-Mitglied ist Winkel seit 2012, seit 2022 ist er Chef der Jungen Union. In seiner Jugend hat er Basketball gespielt, beim TV Freudenberg. Daher Winkels besondere Leidenschaft für die Basketball-Nationalmannschaft.

Im Bundestag sitzt er aber nicht im Sportausschuss. Er ist Obmann seiner Fraktion im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Es war Merz selbst, der Winkel nach einer kritischen Rede zur Rentenpolitik noch auf der Bühne gefragt hat, ob er nicht in diesen Ausschuss gehen wolle. Nach dem Motto: Da kannst du auch was machen, und nicht nur reden.

Jetzt sitzt Winkel in diesem Ausschuss – und macht. Und warnt vor den Lasten, die der jungen Generation aufgeladen werden. Es sind Warnungen, die Merz ernst nehmen muss. Nicht nur wegen der 18 jungen Abgeordneten, die er für eine Mehrheit braucht. Sondern auch wegen der Jungen Union und ihren etwa 90 000 Mitgliedern. In der überalterten CDU – die Mitglieder sind im Schnitt 61 Jahre alt – ist die JU schließlich enorm wichtig für die Zukunft der Partei.

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