Rentenpläne:Ein Bärendienst für die SPD

Rentenpläne: Eine Rentendebatte wäre wichtig - aber nicht so, wie Olaf Scholz sie gerade angestoßen hat.

Eine Rentendebatte wäre wichtig - aber nicht so, wie Olaf Scholz sie gerade angestoßen hat.

(Foto: Matthew Bennett/Unsplash)

Eine engagierte Debatte über die Zukunft der Altersversorgung wäre wichtig. Olaf Scholz macht es sich mit seinem Vorstoß aber zu leicht, und schadet der Debatte und seiner Partei.

Kommentar von Ferdos Forudastan

Eigentlich wäre ein Streit um die Rente eine gute Sache. Eigentlich könnte er die Gelegenheit für Politik und Gesellschaft sein, sich mit einer Frage auseinanderzusetzen, die fast alle Menschen betrifft. Eigentlich hätte dieses Thema wie wenige andere das Zeug, die Unterschiede zwischen den etablierten Parteien endlich wieder sichtbarer und den Bürgern mehr Lust auf das politische Geschehen zu machen.

Wäre, könnte, hätte - wenn man ihn, also den Streit, anders anlegen würde, als Olaf Scholz das gerade getan hat. Die Forderung des Bundesfinanzministers und stellvertretenden SPD-Vorsitzenden, noch in dieser Legislaturperiode eine Garantie des Rentenniveaus bis 2040 zu beschließen, zeugt gerade nicht vom Willen, einen notwendigen Konflikt konstruktiv auszutragen. Sie steht nicht für den Ehrgeiz, nach einer klugen Lösung für ein immer drängenderes Problem zu suchen. Und sie taugt schon gar nicht dazu, die dramatisch schwächelnde SPD als eine Partei zu profilieren, die sich ernsthaft mit den Sorgen sehr vieler Frauen und Männer in diesem Land beschäftigt. Dabei war vor allem Letzteres wohl der Sinn hinter dem Scholz'schen Vorstoß.

Doch der steht, bislang jedenfalls, auf tönernen Füßen, kommt viel zu schrill daher und außerdem so sehr zur Unzeit, dass er die überfällige große Diskussion um die Zukunft der Altersversorgung eher erschwert als erleichtert.

Auch wenn 2040 noch mehr als zwei Jahrzehnte in der Zukunft liegt, und obwohl bis dahin viel passieren kann, was sich heute nicht absehen lässt: Es ist legitim, das Rentenniveau nach 2025 in den Blick zu nehmen. Mehr noch, es ist richtig und wichtig, über den Zeitpunkt hinauszudenken, bis zu dem die Regierungskoalition stabile Renten garantiert hat. Seriös geht das allerdings nur, wenn man gleichzeitig darüber spricht, auf welche Weise die Alterssicherung deutlich länger als bisher geplant stabil gehalten werden soll.

Da es immer mehr Rentner gibt, und, im Vergleich dazu, immer weniger Erwerbstätige, die in die Rentenkassen einzahlen, hätte eine Garantie des Rentenniveaus bis 2040 gravierende Konsequenzen. Die Menschen müssten entweder sehr viel später in Rente gehen als jetzt; oder die Rentenbeiträge müssten drastisch angehoben werden, heißt, die Arbeit würde deutlich teurer; oder der Staat müsste seinen Zuschuss für die Rentenkassen massiv ausweiten, was bedeutet, die Steuern würden steigen. Da gerade die Sozialdemokraten sich gegen ein späteres Renteneintrittsalter wehren, kann Scholz eigentlich nur erheblich höhere Beiträge oder / und Steuern im Sinn haben.

Der Zeitpunkt für den Vorstoß war verfehlt

Darüber, wie der Minister und Spitzengenosse sein Vorhaben bezahlen möchte, lässt sich nur spekulieren. Mitten im Sommerloch via Wochenend-Interview mal eben so eine Forderung mit außerordentlich weitreichenden Folgen zu stellen, dafür hat es bei Scholz gereicht. Für Überlegungen dazu, wie seine Pläne finanziert werden könnten, offenbar nicht. Damit macht der Sozialdemokrat es all jenen leicht, die die ebenso schwierige wie dringend notwendige Debatte über die Zukunft der Rente, über mehr Gerechtigkeit in der Rente und über den Kampf gegen Altersarmut nicht so recht führen möchten.

Wasser auf deren Mühlen ist auch der Zeitpunkt des Scholz'schen Vorstoßes. Der Finanzminister greift mir nichts, dir nichts der Rentenkommission vor, welche die Regierung doch gerade eingesetzt hatte, damit sie Vorschläge für die Altersversorgung und ihre Finanzierung über 2025 hinaus erarbeitet. Und auch mit seiner Argumentation überzieht der Sozialdemokrat teilweise so, dass seine Widersacher in den Reihen des Koalitionspartners CDU/CSU, in der Opposition oder bei den Arbeitgebern sich heimlich die Hände reiben dürften. Scholz liegt zwar richtig, wenn er auf das Bedürfnis der Menschen nach einem Leben in Sicherheit verweist. Aber zu behaupten, stabile Renten verhinderten einen deutschen Trump, ist lächerlich.

Olaf Scholz hat seiner Partei einen Bärendienst erwiesen

Nein, jene Unionspolitiker, die - anders als Scholz - die Rente partout aus dem nächsten Bundestagswahlkampf heraushalten möchten, haben nicht recht. Das Thema ist zu groß, zu grundsätzlich, es betrifft zu viele Menschen sehr konkret, um es Experten außerhalb und innerhalb der Parteien zu überlassen. Wenn deren Vorstellungen über die Zukunft der Rente auseinanderdriften, dann sollen die Bürger das erfahren, sie sollen mitreden, mitstreiten können und ihre Stimme der Partei geben, deren Vorstellungen sie (auch) auf diesem Feld überzeugen. Aber das geht nur, wenn die damit befassten Politiker verantwortungsvoll agieren: Wenn sie nicht nur ein Ziel ausmachen, sondern wenn es einigermaßen realistisch ist und wenn sie außerdem sagen, auf welchen Wegen man dorthin gelangen kann.

Genau das hat Olaf Scholz versäumt. Und damit hat er nicht nur dem Diskurs über die Renten, sondern auch seiner Partei einen Bärendienst erwiesen.

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