Süddeutsche Zeitung

Rente mit 67:Grünen-Chef sperrt sich gegen SPD-Vorstoß

Die Grünen ziehen beim Vorstoß der SPD gegen die Rente mit 67 nicht mit: "Es führt kein Weg daran vorbei", sagte Grünen-Parteichef Cem Özdemir über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Auch innerhalb der SPD regen sich Stimmen gegen die Aussetzungspläne ihrer Parteispitze.

Michael Bauchmüller

Die SPD konkretisiert ihre Pläne zur Abkehr von der Rente mit 67. Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte am Mittwoch einen Vorstoß im Bundestag an, mit dem sie ein höheres Rentenalter zwischenzeitlich stoppen will. Die Lebensarbeitszeit solle solange nicht verlängert werden, bis es genügend Arbeitsplätze auch für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gebe, sagte Nahles der Rheinischen Post. Mindestens die Hälfte der 60- bis 64-jährigen Arbeitnehmer müssten dafür sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein. Derzeit ist es nur knapp ein Viertel. Dies stehe bei einem Regierungswechsel "klar auf der Tagesordnung", sagte Nahles.

Auch in einer Koalition mit den Grünen dürfte ein solches Vorhaben schwierig werden, denn die wollen von einer derartigen Aussetzung der Reform nichts wissen. "Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir die Voraussetzungen für eine längere Lebensarbeitszeit schaffen müssen", sagte Parteichef Cem Özdemir der Süddeutschen Zeitung. "Statt mit einer Aussetzung vor der traurigen Wirklichkeit zu kapitulieren und das Pferd von hinten aufzuzäumen, muss endlich dafür gesorgt werden, dass die Rente mit 67 für manche Menschen nicht zu einer Rentenkürzung durch die Hintertür wird." Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionsvize Fritz Kuhn. "Jetzt die Rente mit 67 auszusetzen, würde bedeuten, den Druck rauszunehmen." Dann würden erst recht keine neuen Jobs für ältere Arbeitnehmer geschaffen. Stattdessen solle sich eine künftige Regierung anschauen, inwieweit ältere Arbeitnehmer zunehmend Beschäftigung finden, "um dann vernünftige Quoten festzulegen", sagte Kuhn der SZ.

Selbst innerhalb der SPD trifft der Vorschlag Nahles' auf Widerspruch. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück warnte abermals davor, die Regelung auszusetzen. "Die Antwort auf den mathematischen Druck der Demographie kann nicht die ersatzlose Suspendierung der Rente mit 67 sein", sagte er dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel. Auch der frühere SPD-Vizekanzler Franz Müntefering verteidigte die Anhebung des Rentenalters. Er hatte die Rente mit 67 in der großen Koalition mit durchgesetzt.

Dagegen begrüßte die IG Metall die neue Diskussion. "Es ist höchste Zeit zur Korrektur", sagte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Bremen, Dieter Renken. Die Lage älterer Menschen am Arbeitsmarkt habe sich nicht grundlegend verändert.

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SZ vom 05.01.2012/kat
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