Kanzleramt:Es wird wohl höchstens ein Renten-Reförmchen

Beratung zur Rentenreform

Bundesarbeitsministerin Nahles kommt am Abend in das Kanzleramt. Am Freitag will sie ihr Gesamtkonzept zur Alterssicherung vorstellen.

(Foto: dpa)
  • Im Bundeskanzleramt ist am Abend ein Spitzentreffen zur Rente zu Ende gegangen. Offizielle Ergebnisse wurden noch nicht verkündet.
  • Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD kamen mit Sozialministerin Nahles und Finanzminister Schäuble zusammen.
  • Zu den Themen zählen die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau sowie die CSU-Forderung nach einer Ausweitung der Mütterrente.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Beim Thema Rente rückt die Stunde der Wahrheit immer näher. An diesem Donnerstag, beim zweiten Rentengipfel der Koalition, haben Kanzlerin Angela Merkel, der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, SPD-Chef Sigmar Gabriel und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) erneut über die Zukunft der Altersversorgung geredet. Zu Ergebnissen gibt es noch keine offiziellen Informationen. Am Freitag wird Nahles ihr Gesamtkonzept zur Reform der Alterssicherung vorlegen. Sicher ist aber schon jetzt: Eine große Reform vor der Bundestagswahl im Herbst 2017 wird es kaum mehr geben.

Kurz vor Beginn des Bundestagswahlkampfs ist der Ton zwischen Schwarz und Rot bereits schärfer geworden. In der Union rumort es, weil SPD-Chef Gabriel Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) als gemeinsamen Bundespräsidenten-Kandidaten durchgesetzt hat. Außerdem gehen die Meinungen beim Thema Rente zwischen CDU/CSU und SPD zum Teil weit auseinander. Aus all diesen Gründen ist es sehr unwahrscheinlich, dass der große Durchbruch verkündet wird. Die Koalition dürfte sich eher auf ein paar kleinere Vorhaben einigen.

Dies gilt zunächst für die Erwerbsminderungsrentner. 1,8 Millionen Menschen können aus gesundheitlichen Gründen gar nicht mehr oder nur noch wenig arbeiten. Ihre Rente lag 2015 in Westdeutschland bei durchschnittlich nur 730 Euro im Monat. Viele sind wegen ihrer Mini-Renten auf die staatliche Grundsicherung angewiesen. Union und SPD sind sich einig, die Rentenansprüche dieser unfreiwilligen Frührentner aufzustocken. Nahles will diese Rentner dabei so stellen, als hätten sie bis zum 65. Lebensjahr gearbeitet. Die jährlichen Zusatzkosten für die Rentenversicherung belaufen sich auf langfristig drei Milliarden Euro. Schon beim vergangenen Rentenpaket waren die sogenannten Zurechnungszeiten für die Erwerbsminderungsrentner erhöht worden. Für Neurentner mit einer Erwerbsminderung verbesserten sich dadurch die Bezüge um etwa 40 Euro im Monat.

Ost-West-Angleichung wird schwierig

Schon schwieriger wird die geplante Ost-West-Angleichung bei den Renten. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) war bislang nicht bereit, die nötigen Milliarden aus der Steuerkasse zu bezahlen. Nahles lehnt es hingegen strikt ab, das Geld aus der Rentenkasse zu bezahlen. Eine Einigung ist daher schwierig, vielleicht werden sich die Koalitionsspitzen auf einen neuen Zeitplan für die Anhebung der Ostrenten auf Westniveau verständigen.

Alle anderen Fragen könnten ein Thema für eine neue Rentenkommission werden: Dazu zählt die bessere Absicherung von Selbständigen, mögliche Zuschläge für Geringverdiener bei ihrer Rente - und vor allem die Frage, ob es für das Rentenniveau und die Beiträge über das Jahr 2030 hinaus eine neue Haltelinie geben soll.

Wie sich Nahles die Lösung dieser Fragen vorstellt, hat die Arbeitsministerin nun erstmals in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit skizziert. Demnach will sie mit einer neuen Solidarrente 500 000 Geringverdiener besserstellen, sofern sie jahrelang in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben und trotzdem nur auf eine geringe Rente kommen. Langfristig könnte ihre Zahl auf knapp zwei Millionen steigen. "Das kostet", sagte Nahles. Es sei aber "auch ein echter Beitrag zur Verringerung von Altersarmut". Ob die Union dabei mitmacht, ist fraglich. Der Vorschlag dürfte weit über das hinausgehen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden war. Die frühere Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) war bereits mit ihrer "Zuschussrente" gescheitert.

Bei den Selbständigen favorisiert Nahles eine Vorsorgepflicht. Dabei soll es zum Beispiel für Unternehmensgründer eine Übergangszeit geben, in denen sie keine oder nur ermäßigte Beiträge zahlen müssen. Dadurch will die Arbeitsministerin Selbständige, die ein Geschäft aufbauen, entlasten. "Wer aber im Jahr fünf nach der Gründung immer noch kein Geld für die Altersvorsorge hat, sollte über sein Geschäftsmodell ohnehin noch mal nachdenken", sagte Nahles.

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