Studie zur Religion:Grenzen der Toleranz

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Zwar praktizieren nur noch 18 Prozent der Westeuropäer ihr Christentum, 46 Prozent aber betrachten sich als Christen, obwohl sie nur noch selten oder gar nicht mehr zur Kirche gehen. (Foto: dpa)

Eine Studie dokumentiert die konservative Haltung vieler westeuropäischer Christen: Sie neigen eher als Konfessionslose zu der Aussage, der Islam sei nicht mit den Werten ihres jeweiligen Landes zu vereinbaren.

Von Matthias Drobinski

Trotz aller Säkularisierung bleibt Westeuropa christlich geprägt: Zwar praktizieren nur noch 18 Prozent der Westeuropäer ihr Christentum, 46 Prozent aber betrachten sich als Christen, obwohl sie nur noch selten oder gar nicht mehr zur Kirche gehen. Als religions- oder konfessionslos bezeichnen sich einer Studie des PEW Research Center zufolge 24 Prozent der insgesamt fast 25 000 Befragten aus 15 Ländern zwischen Finnland und Portugal. Wobei die Unterschiede regional groß sind: 83 Prozent der Portugiesen und 80 Prozent der Italiener sehen sich als Christen, aber nur noch 41 Prozent der Niederländer und 55 Prozent der Belgier. Diese (halb-)christliche Prägung Westeuropas führt allerdings der Studie zufolge nicht zu mehr Toleranz: Christen neigen eher als Konfessionslose zu der Aussage, der Islam sei nicht mit den Werten des Landes zu vereinbaren, und befürworten, dass die Einwanderung verringert werden müsse.

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Das Ergebnis ist nicht angenehm für die westeuropäischen Kirchenvertreter, die überwiegend für Toleranz gegen Andersgläubigen und die Aufnahme von Flüchtlingen eintreten - allen voran Papst Franziskus in Rom. In Italien finden 63 Prozent der praktizierenden und 51 Prozent der nicht praktizierenden Christen, dass der Islam nicht mit den nationalen Werten zu vereinbaren sei - von den Konfessionslosen stimmen nur 29 Prozent dieser Aussage zu. In Österreich sind 61 Prozent der praktizierenden und 45 Prozent der nicht praktizierenden Christen skeptisch gegenüber dem Islam, in Deutschland sind das 55 Prozent der engagierten und 45 Prozent der nicht engagierten Christen. In Frankreich finden drei Viertel der praktizierenden Christen, dass man die französische Abstammung haben müsse, um "wirklich französisch" zu sein. In Belgien, den Niederlanden und in Skandinavien dagegen sagen vor allem die engagierten Christen, dass die Zahl der Einwanderer im Land nicht verringert gehöre.

Überraschend offen sind Westeuropas Christen, was die Ehe für alle und Abtreibung angeht: 52 Prozent der praktizierenden und 85 Prozent der fernstehenden Christen finden, es müsse legale Abtreibungsmöglichkeiten geben (Deutschland: 54 zu 84 Prozent); 58 der engagierten und 80 Prozent der nicht praktizierenden Christen sind dafür, dass Lesben und Schwule heiraten dürfen.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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