Süddeutsche Zeitung

Religion:Flickenteppich für die Kirchen

Das Corona-Kabinett billigt ein Rahmenkonzept für Gottesdienste.

In der Corona-Krise lobt die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften. Diese hätten sich "sehr verantwortungsbewusst und sehr problembewusst" gezeigt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Zuvor hatte sich das Corona-Kabinett ein Rahmenkonzept für die vorsichtige Wiederbelebung des religiösen Lebens in Deutschland "zu eigen gemacht", wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte. Es solle nun Grundlage sein für Entscheidungen bei der nächsten Bund-Länder-Konferenz, die am Donnerstag angesetzt ist.

Die Verantwortung liegt bei solchen Absprachen in der Corona-Krise letztlich bei den Ländern. "Die Religionsausübung ist in Deutschland grundgesetzlich garantiert und hat einen zu Recht sehr hohen Wert in unserem Staat", sagte Seibert, "und für viele Menschen ist es ein tiefes inneres Bedürfnis, ihre Religion nicht nur zu Hause, sondern eben auch in der Gemeinschaft ausüben zu können." Bei allen Überlegungen spielt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. April eine wichtige Rolle: Es hatte betont, das Verbot öffentlicher Gottesdienste stelle eine schwere Beeinträchtigung des Grundrechts auf Religionsfreiheit dar. Und es hatte eine regelmäßige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme angemahnt.

Die Religionsgemeinschaften hatten auf Aufforderung des Corona-Kabinetts in der vergangenen Woche 16 Schutzkonzepte vorgelegt. Was das Zulassen von Gottesdiensten angeht, ist Deutschland bislang ein Flickenteppich. Vorgeprescht sind dabei vor allem die Länder im Osten der Republik, wo prozentual die wenigsten Christen leben. Hier wurden wieder Versammlungen in Gotteshäusern mit 15 (Sachsen), 30 (Thüringen) oder sogar 50 (Berlin/Brandenburg) Teilnehmern zugelassen oder angekündigt. Bereits am Wochenende führte die evangelische Landeskirche Sachsen ihren neuen Bischof Tobias Bilz ein, bei einem Gottesdienst mit nur wenigen Teilnehmern. In Rheinland-Pfalz und dem Saarland sprechen kirchliche Kreise und Landespolitiker von einem Neustart Anfang Mai. Nordrhein-Westfalen hat den 1. Mai im Blick. Der größte Gottesdienst könnte dann im Kölner Dom stattfinden. Da aber die Kirchenbänke regulär nur Platz für 800 Menschen bieten, werden sich wohl kaum mehr als 100 Gläubige versammeln dürfen. Bayern hat den 4. Mai angepeilt. Von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Hessen rechnen Kirchenvertreter frühestens am 10. Mai wieder mit öffentlichen Sonntagsgottesdiensten.

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SZ vom 28.04.2020 / dpa, kna
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