Interreligiöser Dialog:Es geht ums gute Zusammenleben

Interreligiöser Dialog: Kein Oben und Unten, kein Innen und Außen: Der "Ring for Peace" im Luitpoldpark ist das Symbol des Lindauer Treffens der Weltreligionen.

Kein Oben und Unten, kein Innen und Außen: Der "Ring for Peace" im Luitpoldpark ist das Symbol des Lindauer Treffens der Weltreligionen.

(Foto: ringforpeace.org)
  • Mit einer Zeremonie von mehr als 900 Frauen und Männern wird in Lindau die zehnte Weltversammlung der "Religions for Peace" eröffnet.
  • Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält eine Rede.
  • Es gibt unter anderem Panels über Frauen als Friedensstifterinnen und über Jugendliche und Terrorismus.

Von Matthias Drobinski, Lindau

Was ein Möbiusring ist? Gisbert Baarmann holt einen Streifen Papier heraus. "Sie können daraus einen Ring machen", sagt er und hält die beiden Enden aneinander. "Oder Sie drehen den Streifen vorher einmal in sich." Dann gibt es in diesem Ring nicht mehr oben und unten, innen und außen, die Mathematik spricht von "nicht orientierbarer Mannigfaltigkeit". So ein Ding hat Baarmann, Holzdesigner aus Templin in Brandenburg, entworfen und mit Holzbauingenieuren aus der Schweiz gebaut.

Jetzt steht der in sich gedrehte "Ring for Peace" in Lindau im Luitpoldpark, direkt am Bodensee. Siebeneinhalb Meter hoch, aus Lärchenholz, 36 Hölzer aus aller Welt wurden auch noch integriert. Rund um den Ring ist es matschig, aber das wird besser, da sind sich Baarmann und Lindaus Bürgermeister Gerhard Ecker sicher, die das Kunstwerk präsentieren. Und gibt es ein besseres Symbol für den Frieden unter den Religionen, ohne oben und unten, innen und außen?

In Lindau wird an diesem Dienstag die zehnte Weltversammlung der "Religions for Peace" eröffnet, mit einer Zeremonie von mehr als 900 Frauen und Männern aus mehr als 100 Ländern und 17 Religionen, nach einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Bis zum 23. August werden sie diskutieren, wie die Religionen in einer Zeit wachsender Intoleranz, des zunehmenden Fundamentalismus und religiös aufgeladener Konflikte dazu beitragen können, Frieden zu schaffen, Gerechtigkeit zu fördern und die Umwelt zu bewahren. Es gibt Panels über Frauen als Friedensstifterinnen und über Jugendliche und Terrorismus. Die Lindauer können den Delegierten bei den ökumenischen Morgenandachten begegnen oder der interreligiösen "Langen Tafel der Lindauer Kirchengemeinden"; vier Tage lang wird es bunt zugehen in der Stadt am Bodensee.

Religiöse Wahrheitsfragen bleiben außen vor

Das Schöne wie Problematische bei solchen Treffen ist, dass sich meist jene Religionsvertreter begegnen, die ohnehin den Dialog wollen - und die zu bekehrenden Fundamentalisten daheim bleiben. Wolfgang Schürer, emeritierter Wirtschaftsprofessor in St. Gallen und Vorsitzender der Stiftung "Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft" betont aber, dass das Treffen "weder Selbstzweck noch fröhliche Gipfelei" sei - "es gibt viele Non-Meetings hinter verschlossenen Türen, wo es ziemlich konkret wird", sagt er.

So werden sich Vertreter aus Nord- und Südkorea zusammensetzen, Abgesandte der muslimischen Rohingya sowie der buddhistischen Mehrheit in Myanmar, Christen aus dem Süden des Sudans und Muslime aus dem Norden - Gespräche, die außerhalb des geschützten Rahmens nicht möglich wären. Religiöse Wahrheitsfragen bleiben außen vor, es geht ums gute Zusammenleben.

Mal macht ein solches Treffen die erste Begegnung verfeindeter Gruppen möglich. Mal treffen sich Konfliktparteien zum hundertsten Mal, was die Sache auch nicht immer einfacher macht; aber auch der Vertreter des American Jewish Committee und die den Muslimbrüdern nahestehende Muslimin müssen hier miteinander auskommen. Manchmal dienen solche Treffen dazu, neue Ideen populär zu machen. Religions for Peace unterstützt die Verbreitung eines DNA-Tests, der es nach einer Vergewaltigung erlaubt, den Täter zu identifizieren - eine große Hilfe, wenn es um den Nachweis von Kriegsverbrechen geht und den Kampf gegen Vergewaltiger.

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