Rekordverlust:Deutsche Bank streicht Boni

Wegen des Rekordverlusts von 6,8 Milliarden Euro verordnet der neue Chef John Cryan seinen Vorstandskollegen Verzicht. Alles andere sei "gegenüber der Gesellschaft" nicht zu rechtfertigen.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Der Vorstand der Deutschen Bank erhält für 2015 keine Bonuszahlungen. Die Bank hatte vergangene Woche einen Verlust von 6,8 Milliarden Euro für das vergangene Jahr bekannt gegeben. Daher sei es "gegenüber der Gesellschaft" nicht vertretbar, Boni anzunehmen, sagte Vorstandschef John Cryan am Donnerstag in Frankfurt. Er fühle sich "persönlich verantwortlich für dieses Ergebnis". Der Brite steht seit Juli des vergangenen Jahres an der Spitze des größten deutschen Bankhauses. Er hat dem Unternehmen einen Sparkurs verordnet, in dessen Zuge 9000 Stellen gestrichen und mehr als 200 Filialen geschlossen werden. Auch die Mitarbeiter der Bank müssen mit Kürzungen der Boni rechnen. Wie hoch diese ausfallen, wollte Cryan nicht bekannt geben.

Dass der Vorstand der Deutschen Bank auf Boni verzichtet, passiert nicht zum ersten Mal. Für 2013 hatte Aufsichtsratschef Paul Achleitner zwar keinen völligen Verzicht verordnet, aber die Boni aller Vorstandsmitglieder eingefroren. Co-Vorstandschef Anshu Jain hatte zu seinem Amtsantritt 2012 auf Bonuszahlungen in Höhe von zwei Millionen Euro verzichtet, auch dessen Vorgänger Josef Ackermann hatte 2008 keinen Bonus angenommen.

Wie hoch die variable Zahlung an John Cryan für 2015 ausgefallen wäre, ist nicht bekannt. Sein Gehalt wird erst im März bei der Vorlage des Geschäftsberichts publik. Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen hatte bislang 3,8 Millionen Euro Fixvergütung bekommen, der Bonus der Vorstandsmitglieder berechnet sich anhand einer Vielzahl von Variablen jedes Jahr neu.

Cryan brachte die Boni-Kürzung in direkten Zusammenhang mit den hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten. 5,2 Milliarden Euro musste die Deutsche Bank im Jahr 2015 für die juristische Aufarbeitung von Skandalen bereitstellen. Dabei ging es unter anderem um Verfehlungen im Handel mit Währungen und um die Verletzung politischer Sanktionen. Seit 2012 hat die Bank 12,7 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten aufgewandt. Immerhin rechnet die Bank nun mit einer Trendwende: Zwar dürften auch im laufenden Jahr noch hohe Belastungen auf die Bank zukommen, aber der Gesamtbetrag werde geringer ausfallen als im Vorjahr, erwartet Cryan. Neben den hohen Kosten sind die ausbleibenden Erträge aus Sicht der Bank besorgniserregend. Ausgerechnet das Investmentbanking, das künftig noch wichtiger wird, schwächelte. Das Privatkundengeschäft wird durch den Verkauf der Postbank, welcher bis spätestens 2018 abgewickelt sein soll, deutlich kleiner. Die Erfolge im Zahlungsverkehr und im Beratungsgeschäft mit wohlhabenden Kunden können das nicht ausgleichen. Cryan warb um Nachsicht. Der Umbau der Bank koste "Zeit, Entschlossenheit und Geduld", sagte er. Zeit dafür gab er sich bis 2018.

Die Aktionäre haben die Geduld offenbar bereits verloren. Für 2016 gibt es keine Dividende. Der Aktienkurs ist seit Cryans Amtsantritt um ein Drittel gesunken. Der Angst vor einer neuerlichen Kapitalerhöhung trat der Vorstandschef jedoch klar entgegen.

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