Reisen:Urlaub mit allen

Wer sich die neuen Zahlen zum Urlaub der Deutschen ansieht, stellt fest, dass die meisten meistens dasselbe tun.

Von David Pfeifer

Bald geht das große Reisen wieder los, die Osterferien stehen vor der Tür, von Juni an folgt der Sommerurlaub. Gerade die Münchner stehen dann ab Unterhaching im Stau Richtung Süden, was daran liegen könnte, dass viele gleichzeitig frei nehmen und dasselbe machen.

Bis man am Sehnsuchtsort angekommen ist, kann bereits ein Urlaubstag vergangen sein. Eltern schulpflichtiger Kinder haben kaum eine Wahl, was die Termine angeht. Aber auch Kinderlose setzen sich dem Osterstress aus, um Brückentage zu nutzen und sich später im Jahr noch einmal erholen zu können, vielleicht vom letzten Urlaub. So landen sehr viele Deutsche an wenigen Zielen, wo man sich gegenseitig die Liegestühle neidet und die Sonne nimmt. Es ist nämlich so, dass nicht nur die Ferienzeiten zu einem gewissen Gruppendruck führen, sondern dass die Deutschen auch sonst nicht sehr originell sind, wenn es an die Urlaubsplanung geht. Eine Berliner Agentur stellte vor Kurzem in einer Befragung fest, dass die erste Wahl der Deutschen für Erholung mit 27 Prozent "Sommer, Sonne, Strandurlaub" seien. Auf Platz zwei folgen Städtereisen (20 Prozent). Erst auf Platz sechs dann die "Backpacking-Tour (sechs Prozent). Wer in einer Woche also in Richtung Rom oder Rimini unterwegs sein will, sollte sich darauf einstellen, an einer kleinen Völkerwanderung teilzunehmen.

Obendrein stieg der Anteil von Online-Buchungen bei Reisen von mehr als fünf Tagen Dauer im vergangenen Jahr auf 42 Prozent, im Vergleich zu 40 Prozent übers Reisebüro. Bei Kurzurlauben erhöhte sich der Anteil sogar auf 80 Prozent.

Der "Verband Internet Reisevertrieb" stellte nach der diesjährigen Tourismusbörse fest, dass "Städtereisen sowie Familien- und Aktivurlaub eher im Netz" gebucht werden. Überhaupt sind Städtereisen das am stärksten wachsende Reisesegment. Wobei alle dieselben Portale nutzen, was zu einem Phänomen führt, das auch hierzulande mit dem Begriff "Overtourism" bezeichnet wird. Städte wie Dubrovnik leiden, weil sie in Serien wie "Game of Thrones" als prominente Kulisse dienen, von Influencern durchgeliked und schließlich von Wochenend-Besuchern plattgetrampelt werden.

Dabei geben zwei von drei deutschen Urlaubern laut einer repräsentativen "Norstat"-Umfrage an, ihre Reisen gerne auf andere Jahreszeiten zu verschieben, wenn so eine Überfüllung am Ziel verhindert werden könnte. Immer noch 59 Prozent würden ein anderes Ziel wählen, um weniger andere Urlauber anzutreffen.

Von Flugreisen ist übrigens nicht nur abzuraten, weil man seine freitags demonstrierenden Kinder damit gegen sich aufbringen könnte, sondern weil das Chaos im Flugverkehr sich aufgrund des europaweiten Fluglotsenmangels dieses Jahr noch verstärken wird.

Was bleibt also? England. Weil die deutschen Urlauber gerade eher zurückhaltend sind, was Reisebuchungen nach Großbritannien angeht, wegen des Brexit. Am besten mit dem Rucksack und per Auto-Stopp. Oder einfach zu Hause bleiben. Wie Blaise Pascal schrieb: "Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen."

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