Flugverkehr:Kanzler im Hawaiihemd

Flugverkehr: In Düsseldorf warten Reisende an einem Check-in-Schalter in der Abflughalle des Flughafens.

In Düsseldorf warten Reisende an einem Check-in-Schalter in der Abflughalle des Flughafens.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Das Reisechaos an deutschen Flughäfen wird auf Antrag der Union an diesem Donnerstag im Bundestag behandelt. Die Opposition nutzt das Thema, um die Ampelkoalition zu ärgern. Es wird wohl ein launiger Schlagabtausch werden.

Von Boris Herrmann, Berlin

Kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause hat die Union ein Thema für sich entdeckt, das nicht wirklich schwer zu entdecken war: Das Land der Reiseweltmeister befindet sich im Reisechaos. An deutschen Flughäfen bilden sich Schlangen, wie man sie eher von venezolanischen Supermärkten kennt, Koffer irren ohne Kofferbesitzer durch die Welt, Urlauber verzweifeln, Kundenhotlines kollabieren, es hat fast Nachrichtenwert, wenn Flüge stattfinden und Züge pünktlich ankommen.

Für die Opposition ist das ein besonders dankbares Thema, denn es enthält viel von dem, was Politiker gerne "verbrauchernah" nennen. Und die Gelegenheit, diesen ganzen Schlammassel der Bundesregierung anzulasten, lassen sich CDU und CSU nicht entgehen. Der stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzende Hermann Gröhe sagte der Süddeutschen Zeitung: "Zu Beginn der Reisezeit zeigt sich ein weiteres Mal: Die Ampel ist nicht vorbereitet. Ob an den Flughäfen, Bahnhöfen oder den inländischen Reisezielen: Es herrscht Chaos, es fehlen Arbeits- und Fachkräfte, und die Ampel fühlt sich nicht zuständig."

In der Tat scheinen die Ampelkoalitionäre die Zuständigkeit eher nicht bei sich selbst zu sehen. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel sagte der SZ: "Die Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber haben sich ganz offensichtlich nicht ausreichend auf die Reiselust der Menschen nach über zwei Jahren Pandemie vorbereitet - und müssen das jetzt so schnell wie möglich angehen." Am Donnerstagvormittag kann die Schuldfrage im Parlament verhandelt werden, denn die Union hat das Reisechaos an prominenter Stelle auf der Tagesordnung platziert. Gröhe sagt: "Olaf Scholz muss umgehend einen Flugreise-Gipfel einberufen und die untragbaren Zustände entschlossen anpacken."

Mal unabhängig von der Frage, wer aus Sicht der Union alles zu diesem Flugreise-Gipfel anreisen sollte und ob das denn gut ginge bei den gegenwärtigen Reisebedingungen, haben sich CDU und CSU offensichtlich vorgenommen, die Ampel bei diesem Thema hartnäckig zu ärgern. Sicherlich ließe sich einwenden, dass es angesichts des Krieges, der Inflation und der nächsten Corona-Welle dringlichere Probleme gibt als ausgefallene Hurghada-Flüge, andererseits zeigt die Erfahrung: Wenn es um ihren Sommerurlaub geht, lassen die Deutschen nicht mit sich spaßen.

Die Union sieht "Beschäftigungschancen auch für Langzeitarbeitslose"

Auch deshalb ist es bemerkenswert, dass die Unionsfraktion nun ausgerechnet mit Spaßbildern auf den Bundeskanzler und seine Kabinettsmitglieder losgeht. In sozialen Netzwerken streuten die Leute von Fraktionschef Friedrich Merz mehrere Fotomontagen, die Olaf Scholz mit Hawaiihemd und Strohhut unter Palmen zeigen, auch Innenministerin Nancy Faeser, Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) werden da im Strand-Look abgebildet.

Dazu empfehlen CDU und CSU die "Die Ampel-Sommerhits", beispielweise: "Pack die Badehose wieder aus" oder "Kein Tag am Meer". Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann erkundigte sich in ihrer Replik nach "Gratis-CDs" von Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt, Christian Schmidt und Andreas Scheuer. Das waren die Bundesverkehrsminister zwischen 2009 und 2021, allesamt von der CSU. Es verspricht ein launiger Schlagabtausch zu werden am Donnerstag im Bundestag.

In dem Antrag, der dieser Debatte zugrunde liegt, fordert die Union die Bundesregierung auf, bis "spätestens September ein langfristig tragfähiges Konzept zu erarbeiten, um künftig einem solchen Chaos an den Flughäfen vorzubeugen". Das wird denen, die dort zum Sommerferienstart nach ihren Koffern suchen, nicht mehr helfen. Aber vielleicht hilft es einer anderen Gruppe. Die Union sieht in der aktuellen Lage an den Gepäckbändern durchaus auch "Beschäftigungschancen auch für Langzeitarbeitslose".

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