Reichsbürger:Entschlossen zupacken

Der Staat verbietet erstmals eine Gruppe. Weiter so.

Von Constanze von Bullion

Sie wurden lange nur für Wirrköpfe gehalten oder für wunderliche Hinterwäldler. Nun hat Bundesinnenminister Horst Seehofer erstmals eine Gruppierung der Reichsbürger verboten, endlich. Schon der Name "Geeinte deutsche Völker und Stämme" verrät: Die Reise geht da ins Völkische. Reichsbürger terrorisieren Gerichte und demokratische Institutionen, die sie gern über den Haufen ballern würden. Und auch wenn Verfassungsschützer lange wegsahen: Es gibt da einen harten rechtsextremistischen Kern. Das Verbot kommt spät, aber seine Botschaft ist wichtig. Es wird jetzt entschlossener zugepackt gegen die zunehmend diffuse und gewaltbereite rechte Szene. Anders als sein Vorgänger Hans-Georg Maaßen zeigt Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang auch keinerlei Neigung, Staatsfeinde von rechts außen zu verniedlichen.

Das lässt hoffen. Dass Reichsbürger plötzlich ernster genommen werden, dürfte in Corona-Zeiten aber weitere Gründe haben. Wo staatliche Strukturen unter nie gekannten Druck geraten, gedeihen autoritäre Umsturzfantasien - und bei manchen Hoffnungen, das verhasste "System" in die Knie zu zwingen. Einzelne Reichsbürgergruppierungen aufzulösen, kann da nur ein Anfang sein. Der ganze staatliche Instrumentenkasten gegen Rechtsextremismus bedarf der Revision.

© SZ vom 20.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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