Aktuelle Stunde im Bundestag:"Sie waren bereit, Verbrechen von Mord und Totschlag zu begehen"

Aktuelle Stunde im Bundestag: Marco Buschmann (FDP), Bundesjustizminister, warnt im Bundestag vor "Reichsbürgern" und Rechtsextremisten.

Marco Buschmann (FDP), Bundesjustizminister, warnt im Bundestag vor "Reichsbürgern" und Rechtsextremisten.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Nach den großen Razzien bei "Reichsbürgern" debattiert der Bundestag über Konsequenzen. Justizminister Buschmann warnt davor, das Milieu zu unterschätzen. Andere Abgeordnete kritisieren die AfD: Sie sei der parlamentarische Arm der rechten Szene.

Von Sarah Kohler

In einer Aktuellen Stunde des Bundestags zu den sogenannten Reichsbürgern haben Minister und Abgeordnete vor weiteren Bedrohungen aus der Szene gewarnt und auch die AfD scharf angegriffen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, man habe "in einen Abgrund geblickt". Es sei wichtig zu sehen, dass die rechte Szene gut vernetzt sei. Neben Rechten und "Reichsbürgern" gehörten dazu auch "Querdenker". "Es muss Schluss sein mit der Verharmlosung der Reichsbürgerinnen und Reichsbürger in diesem Land", sagte sie. Deswegen wolle sie auch die Waffengesetze verschärfen. "Die größte Bedrohung für die demokratische Grundordnung kommt von rechts", fügte sie hinzu.

Bundesinnenminister Marco Buschmann (FDP) kritisierte die Verharmlosung der "Reichsbürger" durch die AfD und rechtfertigte die Razzien mit einem Vorgehen gegen eine "mutmaßliche Terrorzelle". "Wer diese Dinge abstreitet und ins Lächerliche zieht, zeigt, dass er einfach nicht verstanden hat, worum es hier geht." Er betonte, dass von "Reichsbürgern" mit Waffen eine Gefahr für Menschen und Sicherheitskräfte ausgehe. "Sie waren bereit, Verbrechen von Mord und Totschlag zu begehen", betonte er mit Blick auf die festgenommenen Szene-Mitglieder.

Die aktuelle Stunde bezog sich auf die Razzien, bei denen in Deutschland und auch anderen Staaten Häuser durchsucht und Menschen aus dem "Reichsbürger"-Milieu festgenommen wurden. Darunter waren auch frühere Offiziere und Polizeibeamte. 22 der Festgenommenen wirft die Bundesanwaltschaft vor, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte. Die 23 in Deutschland festgenommenen Beschuldigten sind in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft sprach zudem von 27 weiteren Beschuldigten.

"Hass und Hetze trägt einen Namen, es ist die AfD"

Unter den Inhaftierten ist auch eine bekannte AfD-Politikerin. Die Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann gehört dem Bundesschiedsgericht der Partei an und saß zwischen 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag. Bei den Verdächtigen waren rund 90 Waffen gefunden worden, darunter Schwerter, Armbrüste und Schusswaffen. Außerdem soll einer der Beschuldigten als Waffenhändler Zugang zu weiteren Waffen gehabt haben. Unter anderem wegen ihrer Festnahme gab es bei der Aktuellen Stunde im Bundestag Kritik an der AfD.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, warnte: "Sie sind Teil des Problems, Sie sind Feinde der Demokratie", und verurteilte die Zwischenrufe der Partei früher am Tag. "Hass und Hetze trägt einen Namen, es ist die AfD." Er sagte: "Hier sitzen die Verharmloser des rechten Terrors." Man dulde keine Verfassungsfeinde in den Reihen der Deutschen Sicherheitsbehörden. Der Rechtsstaat sei wehrhaft und habe sich von den Reichsbürgern nicht "auf der Nase herumtanzen" lassen. Man sei den Ermittlern dankbar für den Zugriff, vor allem aber sei es ein großer Erfolg, dass niemand verletzt worden sei.

Irene Mihalic von Bündnis 90/Die Grünen forderte "aktiven Widerspruch" gegen rechtes Gedankengut wie es die "Reichsbürger" vertreten. Sie kritisierte auch den ehemalige Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Er habe die Gefährlichkeit der rechten Szene nicht erkannt und die Ermittlungen gegen diese Gruppen lange vernachlässigt. Auch sie macht der AfD Vorwürfe. Man müsse "glasklar benennen, dass der parlamentarische Arm dieser Gruppe mit der AfD in diesem Hause sitzt", sagte sie. Es brauche eine "Brandmauer" für den Kampf gegen die Feinde der Demokratie. Dafür müssten sich alle demokratischen Parteien zusammenschließen.

Der innenpolitische Sprecher der AfD, Gottfried Curio, ging nicht auf die Kritik an seiner Partei ein, und sprach von einem "Fake-Putsch" und verharmloste die Beteiligten als "Rentner-Combo". Der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese schloss den letzten Debattenbeitrag mit den Worten: "Die Rechte 2022 ist schon eine bizarre Kreuzung aus Stahlhelm und Aluhut."

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