Regionalwahlen in Spanien:Zapatero in Not

"Keine gute Wahlnacht für die Sozialisten": Spaniens Sozialisten verlieren die Regionalwahlen, die Demonstrationen im Land gehen weiter. Und Ministerpräsident Zapatero zeigt erste Anzeichen von Einsicht.

Javier Cáceres, Madrid

Eine Woche nach dem Beginn der Proteste in Madrid haben sich die "Empörten", wie sich die buntscheckigen Demonstranten nennen, am Platz an der Puerta del Sol fast schon häuslich eingerichtet. Sympathisanten haben Sofas vorbeigebracht, Matratzen, Bücher - und große Mengen an Proviant, um die Männer und Frauen zu versorgen, die auf dem Platz campen. Vor den Toren des Gebäudes der Regionalregierung, das an dem Platz steht, ist sogar eine Kinderkrippe entstanden. Am Sonntag entschied das oberste Gremium der Protestler in einer Urabstimmung, noch "mindestens" eine Woche weiterzumachen.

Spanish Demonstrate Unemployment and Austerity Measures

Premier Zapatero und seine Frau Sonsoles Espinosa bei der Stimmabgabe in Madrid. Gegenüber den Demonstranten übt sich das Staatsoberhaupt in Demut.

(Foto: Getty Images)

Es war eine Abstimmung, auf die Spanien fast gespannter blickte als auf das Hochamt der formell-repräsentativen Demokratie, das gleichzeitig stattfand. Denn am Sonntag waren knapp 35 Millionen Spanier aufgerufen, in dreizehn der siebzehn Regionen und in 8000 Gemeinden neue Parlamente und Vertretungen zu wählen.

Die Regionalwahlen brachten eine schwere Niederlage für die Sozialisten von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, der seit 2004 in Spanien regiert und derzeit die perfekte Projektionsfläche für den Protest bietet: Die Arbeitslosigkeit liegt bei zwanzig Prozent; Zapatero gilt den Demonstranten als Exekutor dramatischer Sparbeschlüsse und neoliberaler Strukturreformen. Die konservative Volkspartei (PP) behauptete ihre klaren Mehrheiten unter anderem in den Regionen Madrid und Valencia. "Das ist der Beginn einer neuen politischen Etappe in unserem Land", sagte die PP-Politikerin Ana Mato. Die PSOE-Sprecherin Elena Valenciano räumte ein: "Dies wird keine gute Wahlnacht für die Sozialisten sein." In der Bevölkerung herrsche Unzufriedenheit, und dies sei angesichts der Wirtschaftskrise verständlich. Die Wahlen galten als wichtiger Test für die Anfang 2012 anstehende Parlamentswahl.

Wie lange hält sich der Staat zurück?

Etwa ein Drittel der Spanier unter 30 hat keine Arbeit. 40 Prozent derer, die Jobs haben, sind überqualifiziert. Fast die Hälfte haben bloß Zeitverträge. Und 54 Prozent der Jüngeren erhalten Geld von den Eltern, um durchzukommen. Zapatero übte sich angesichts des geballten Frusts, der sich in diesen Tagen Bahn brach, in Demut: "Ich fühle mich von den Protesten angesprochen", sagte er vor dem Wahlsonntag. Anbiederei an die neuen Verdammten? Möglich. Auch die konservative PP hat mittlerweile in derartige Töne eingestimmt, wenn auch sehr leise. Sie zollte den Demonstranten "Respekt", nachdem Parteichef Mariano Rajoy Ende vergangener Woche noch die Räumung der Plätze verlangt hatte.

Am Sonntag stellte "Democracia Real Ya" (DRY, wie das spanische Akronym für "Echte Demokratie jetzt!" lautet) klar, dass die Bewegung weder zur Wahlenthaltung, noch zu einem bestimmten Wahlverhalten aufgerufen habe. Sie wolle das aktuelle Wahlsystem verbessern. Wie das geschehen müsse, das ließ sie offen. Was wiederum zeigt, dass die Bewegung, die inzwischen die zentralen Plätze zahlreicher Städte Spaniens erobert hat, bisher noch mehr für den Seelenzustand einer Generation steht als für konkrete Programmatik oder Strategien.

Wie lange wird sich die Staatsmacht zurückhalten? Tausende Zelte auf dem wichtigsten Platz der Hauptstadt sind mit dem Geschäftsleben nur bedingt kompatibel; Spaniens Rechte wird auf eine Auflösung der Demonstrationen drängen, zumal die Rechte in der Stadt Madrid regiert. Zwischenfälle wurden seit vergangener Woche, als die Polizei Demonstranten zusammenschlug, weil sie Mülltonnen anzünden wollten, nicht mehr beobachtet. Es gab Verbrüderungsszenen der Demonstranten mit Sicherheitskräften.

Zumindest die Sauberkeit des Platzes scheint dank der Arbeit des "Ausschusses Reinigung" der Demonstranten nicht gefährdet zu sein. Die Müllabfuhr berichtet, sie habe fast weniger Arbeit als an anderen Wochenenden.

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